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Kaindl: Ton und Musik. 218
Membran, der Deckhaut (membrana tectoria), bekleidet ist.
Diese Haarzellen (so benannt nach ihren haarähnlichen, an
ihrer Oberfläche befestigten Anhängseln) enthalten die
faserartigen Ausläufer des Gehörnervs. Auf diese Weise
wird man begreifen, daß bei jeder Vibration des Trommelfelles
in der Flüssigkeit des inneren Ohres oder Labyrinthes
Wellen erregt werden, die auf ihrem Wege eine
entsprechende Bewegung der Basilar - Membran bewirken,
wovon das Endergebnis sein wird, daß von den Hör- oder
Haarzellen und den in ihnen enthaltenen Gehörsnervenfasern
Eindrücke empfangen werden.
„Ebenso wie die Membran in einem Telephon als.
Bückwirkung auf einen Laut vibriert, und zwar auf verschiedene
Laute in verschiedener Weise, so wird, wie man
in vorerwähnter Theorie annimmt, die Basilar- oder Grund-
Membran als ein Ganzes in Schwingungen veisetzt; die auf
ihr befindlichen Hör- oder Haarzellen werden hierdurch
erregt und der Reiz sofort zum Gehirne geleitet, wo sich
die Schallempfindung entwickelt. Mit anderen Worten: die
Basilar-Membran wirkt in ganz derselben Weise wie das
Trommelfell. Sie ist das innere Trommelfell, welches die
komplizierten Schwingungen der membrana tympani wiederholt
und auf jeden Ton mit Vibrationen ihrer Gesamtfläche
reagiert, obgleich an manche^ Stellen mehr als an anderen,
während sie zwischen der Deckhaut und der darunter befindlichen
Haarzellenfläche das bewirkt, was man als
akustische Impressionsfiguren bezeichnet. Es ist denkbar,
daß verschiedene Tonverbindungen verschiedenartige Impressionsfiguren
ergeben, was mit den mannigfachen Netzhautbildern
äußerer Objekte verglichen werden kann!"
(Halliburton.)
Auf solche Weise erscheint es plausibel, daß Tonschwingungen
inbetreff der Eindrücke, die sie auf das
Nervensystem machen / auf einen solchen Grad von Feinheit
gebracht werden können, daß sie sich in dieser Beziehung
mit Lichteindrücken messen können. Falls diese
Theorie die richtige Erklärung des Gehörmecbanismus enthält
, was nicht unwahrscheinlich ist, so kann man sich
wohl einen Begriff davon machen, mit welch herrlichen,
stets wechselnden kaleidoskopischen Mustern die Deckhaut
und die unter ihr liegenden Hör- oder Haarzellen während
der Aufführung einer guten Oper beeindruckt werden und
welch ein Hochgenuß den Sinnen daraus erwachsen muß.
Nach der Ansicht gewisser clairvoyanter Personen
(Hellseher) sollen aber noch andere psycho - physische Beziehungen
zwischen Musik, Form und sogar auch Farbe
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