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Möller: Zum Problem der Gedankenübertragung. 223
liehe Vorkommnisse auch dieselbe Erklärung giltig ist.
Dale Owen bespricht diese Ünwahrscheinlichkeit im Falle
der Frau Mary Goffe noch ausführlicher, allein ich glaube,
daß der geehrte Leser sich darüber klar ist, daß eine im
Sterben liegende Frau nicht imstande ist, während der
Nacht 18 Meilen zurückzulegen und wieder unbemerkt in
ihr Bett zu kommen, übrigens wissen wir bei dem heutigen
Stand der okkultistischen Forschung, daß unter den geschilderten
Verhältnissen die Erscheinung des „ Phantoms
der Lebenden" möglich und denkbar ist.
(Fortsetzung folgt.)
Zum Problem der Gedankenübertragung.
Von Paul Müller (Wien).
Bezugnehmend auf den im Februarhefte (S. 106 ff.)
unter obigem Titel erschienenen Aufsatz des Herrn Tllig
über die Leistuugen des „ Gedankenlesers44 Bell in i erlaube
ich mir mitzuteilen, daß derselbe sich im März
vorigen Jahres in Wien im Ronachersaale produzierte und
durch seine Leistungen berechtigtes Aufsehen erregte. Das
überaus lebhafte Interesse, welches die Darbietungen
Bellings beim Publikum wachriefen, veranlaßte die Redaktion
des „Neuen Wiener Jouraal44, eine Rundfrage bei einer
Reihe hervorragender Wiener Gelehrten zu veranstalten,
deren Ergebnis in den Nummern vom 21. und 23. März 1909
veröffentlicht wurde. Ich gebe hier einige dieser Gutachten
auszugsweise wieder.
Hofrat Prof. Dr. H. Obersteiner äußert sich über die
Leistungen Bellings wie folgt: „Das sogen. Gedankenlesen
steht mit dem Hypnotismus nicht in direkter Verbindung
. Ich habe über dieses Thema in meiner „Lehre
vom Hypnotismus44 schon vor 15 Jahren eine Erklärung
an der Hand von eigenen, sehr sorgfältigen Experimenten
versucht. Der Vorgang beim „Gedankenlesen44 besteht gewöhnlich
in folgendem: Jemand richtet seine ganze Aufmerksamkeit
auf eine vorher bestimmte Handlung, die der
Gedankenieser auszuführen hat. Beide Personen befinden
sich in direktem körperlichen Kontakt, meist durch Berührung
mit der Hand, und nun wird der Gedankenleser
gewöhnlich die bestimmte Aktion durchführen, z. B. einen
Gegenstand finden, ihn irgendwo hintragen usw. Für jene
Experimente, die Bellini im Kontakt mit dem Auftraggeber
ausführt, kann ich mich bei meinem Gutachten auf meine
eigenen Erfahrungen berufen. Ich habe derartige Versuche
im engeren Kreise an Gedankenlesern vom Fach angestellt
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