http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1910/0246
242 Psychische Studien. XXXVII. Jahrg. 4. Heft (April 1910.)
B. schon unterwegs war, also leider zu spät!) hatte Prof.
Reichel von dem Protektor Bailey's, Mr. Stanford, in
dessen Wohnung ersterer persönlich, wie schon erwähnt,
im vor. Jahre verblüffenden Apporten beigewohnt hatte,
einen Brief (dat. Melbourne, 20. Dez.) des Inhalts erhalten,
daß B. (bezw. seine angebliche Kontrolle) in einer der
letzten Sitzungen ein ägyptisches Schriftstück in arabischer
Sprache produziert habe, das „nur wenige Tage alt* sein
sollte und für das er dann von seinem Gönner eine ansehnliche
Summe erhielt, während sich nachher herausstellte
, daß das Papier mindestens 5 Monate alt war. —
Oberst de Rochas schrieb nun an das genannte Blatt, daß
B. in Grenoble u. a. zwei Vögel „apportierte", die, wie er
in der zweiten Sitzung behauptete, von seinem „Kontrollgeist
* aus Indien gebracht sein sollten, während es sich
durch Nachforschen unzweifelhaft heraustellte, daß B. die
Vögel bei einem Vogelhändler in Grenoble selbst gekauft
hatte, welcher ihn bei Konfrontierung als den Käufer
identifizierte, der kein Wort französisch konnte und
keine französische Münze hatte, indes er nachher vom
Wechseln solche zurückbrachte! Bei der folgenden Zusammenkunft
der Gelehrten habe sich B. geweigert, sich
am Körper — speziell an der Rückseite seiner Person, wo
Pseudomedien bekanntlich ihre „Paraphernalien* mit Vorliebe
zu verstecken pflegen — ärztlich untersuchen zu
lassen und überhaupt weitere Sitzungen zu geben, worauf
ihm Mr. Guillaume de Fontenay den Rat erteilte, sich
schleunigst auf die Sohlen zu machen. — Prof. Reichel,
der auch in diesem Fall, lediglich um die von ihm fest geglaubte
Echtheit der Phänomene zum Wohle der Menschheit
wissenschaftlich bestätigt zu sehen, sämtliche Kosten
(die um so beträchtlicher sind, weil B. nie ohne Begleitung
reist) übernommen hatte, erklärte dem Herausgeber des
„Light", daß er auf Grund seiner Wahrnehmungen in
Melbourne noch immer von Bailey's mediumistischer Kraft
überzeugt sei, und meinte, diese bittere Erfahrung sei nur
eine neue Illustration der den Okkultisten bekannten Tatsache
, daß auch echte Medien, wenn sie in einer neuen
Umgebung nicht die zum Gelingen erforderliche Kraft
finden, sich durch Betrug „hinauszuhelfen" suchen. Wir
fürchten, wenn wir auch mangels eigener Erfahrung uns
kein definitives Urteil anmaßen möchten, daß Prof. R. auch
in Melbourne ähnlich, wie s. Z. bei dem Medium Miller in
San Francisco, seinem rühmlichen Eifer für den Okkultismus
durch raffinierte Täuschung von Seiten eines Gauners
zum Opfer gefallen ist; denn es ist doch klar, daß es
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1910/0246