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260 Psychische Studien. XXXVII. Jahrg. 5. Heft. (Mai 1910.)
Daß die hier besprochenen seltsamen Empfindungen
und Wahrnehmungen auf subjektiver Täuschung beruhen
sollten, ist nicht gut möglich; denn erstens ist überhaupt
jede Empfindung subjektiv, und zweitens muß jeder Empfindung
, mag sie noch so absonderlich scheinen, etwas zu
Grunde liegen.
Wenn einige der hier angeführten Berichterstatter angeben
, daß sie die Empfindung einer sich in ihrem Kopfe
oder zwischen den Zähnen vergrößernden Kugel hatten, die
schließlich größer als der Kopf, ja so groß wie das Zimmer
wurde, so erscheint diese Angabe dem mit okkultistischen
Dingen nicht vertrauten als etwas ganz Absurdes. Da aber
notwendigerweise jeder Empfindung etwas zu Grunde liegen
muß, so besteht unsere Aufgabe darin, nach der Ursache
dieser Empfindung zu suchen. Die zwanglose Erklärung
finde ich aber darin, daß, wenn nicht unser grobstofflicher
Körper, sondern der feinstoffliehe astrale Körper oder das
astrale Fluid der Träger der Empfindung ist, es dann
bei seinem teilweisen oder völligen Austritt aus unserem
grobstofflichen Körper ganz natürlich ist, daß wir eine dem-
entsprechende, von den Formen unseres grobstofflichen
Körpers abweichende Form der Empfindung haben müssen.
Die Ursachen dieses Austrittes zu finden, dürfte nicht
leicht sein. Zum Teil werden sie in den transzendentalen
Bedingungen unseres Wesens zu suchen sein, zum Teil auch
in den äußeren physikalischen und physiologischen Bedingungen
unserer irdischen Daseinssphäre. Und nur auf
diese letzteren kann ich hier eingehen und versuchen, bloß
eine Erklärung im rein physikalischen Sinne für das Phänomen
der Kugelform dieser Empfindung zu liefern.
Wenn das astrale Fluid — das ja nach allem, was wir
von ihm kennen, eine feinstoffliche Materie ist — infolge
irgend einer Ursache teilweise oder völlig aus unserem
grobstofflichen Körper austritt, so ist es den uns bekannten
physikalischen Gesetzen völlig entsprechend, daß es im
freien Baum die einfachst^ und ökonomischste Form annimmt
: das ist die Kugelform.
Der Berichterstatter der Beobachtung 5, Herr Bürk,
versucht in seinem Schreiben an mich eine Theorie über
die hierbei obwaltenden physikalischen und physiologischen
Bedingungen aufzustellen, die nicht des Interesses entbehrt,
und die ich daher hier anführen will: »Wir nehmen das
Vorhandensein eines Nervenfluids an; wer kann es aber
definieren ? Bei einer ungewöhnlichen (supernormalen) Emanation
desselben wird analog den Gesetzen der Physik zunächst
die Kugelgestalt obwalten müssen, wie bei Schall-,
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