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Kateta: Theorien über die Erhaltung des Lebens. 267
junger Mädchen sein Leben auf 115 Jahre und 5 Tage
verlängert haben. Dr. Cohausen in Münster rief im
Jahre 1742 diese Theorie in seiner Schrift: „Hermipjftis
redivivus" neuerdings ins Leben.*) Als Beweis seiner
Theorie führt der Verfasser eine Eeihe von sehr altgewordenen
Lehrern oder Unterweisern der weiblichen und
männlichen Jugend aus dem klassischen Altertum an, wie
Isokrates von Athen, Zeno, Karneades, Gorgias Leontinus,
Protagoras von Abdera, Euphranor, Orbilius usw. Er hat
sogar aus den verdichteten Bestandteilen des Atems und
der körperlichen Ausdünstung junger Leute „Jugend- oder
Jungfrauenwasser*, ein neues „Lebens - Elixira hergestellt,
dessen Gebrauch eine wunderbar erfrischende und belebende
Wirkung auf die gesunkenen Lebenskräfte alter
Leute ausgeübt haben sollte. Schon der römische Arzt
Galenus (um die Mitte des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts
) hat übrigens diese Methode vertreten. —
Ein sehr interessantes Beispiel bieten uns weiterhin
noch Nikolaus Flamel und Dr. Graham. Der erstere war
ein armer, öffentlicher Schreiber in Paris (geb. 1330). Eines
Tages kam ihm ein altes auf Baumrinden-Papier geschriebenes
Manuskript in die Hände, welches alle Geheimnisse
der hermetischen Wissenschaft oder Alchemie, wie
Metallverwandlung, Stein cter Weisen, Bereitung des Lebens-
elixirs etc. enthielt. Mit Hilfe dieser Kenntnisse erwarb
er sich ein immenses Vermögen, das er ausschließlich für
wohltätige Zwecke verwendete. Aus Furcht, daß ihm sein
kostbares Lebens - Elixir mit Gewalt entrissen werden
könnte, ließ er eine falsche Nachricht von seinem Tode
verbreiten und zwei Holzklötze an seiner und seiner Frau
Stelle beerdigen, während beide in der Tat nach Indien
flohen. Hier soll er noch drei- bis vierhundert Jahre
später von einem französischen Reisenden namens Paul
Lukas lebend angetroffen worden sein! Der letztere hatte
dagegen mit seiner Lebensverlängerungskunst wenig Glück.
Sein „himmlisches Bett", welches aus vibrierenden, metallischen
Drähten in Verbindung mit einem magnetischen
Apparat, einer Harmonika und aus einer Füllung mit
wohlriechende Düfte ausströmenden Stoffen bestand, sollte
*) Dieses Werk ist in deutscher Übersetzung 1842 unter dem
Titel: „Sein Leben durch das Anhauchen junger Mädchen bis auf
115 Jahre zu verlängern" erschienen. Den Inhalt der Schrift finden
wir aber schon viel früher in deutscher Übersetzung in dem zweiten
Teile: „Der Schatzgräber in den literarischen und bildlichen Seltenheiten
, Sonderabdruckarbeiten usw. des deutschen Mittelalters*,
Stuttgait (bei Scheible).
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