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v. Klinckowstroem: Ein Vortrag über okkulte Phänomene. 279
Bedenken anerkennen. Immerhin hätte — auch vom Standpunkt
des Gegners aus — die philosophische Grundlage
des Spiritismus, etwa nach Heilenbach oder du Prel,
etwas weniger drastisch und dafür etwas geistvoller dargestellt
werden können. Die Definition, die der Vortragende
vom Okkultismus, d. h. dem Gesamtgebiet der sogen,
okkulten Erscheinungen, gab, war dagegen unzutreffend.
Ihn als eine seichte, kritiklose, übernatürliche (!) Geistesströmung
hinzustellen, die abseits von den Bahnen exakter
Wissenschaft verläuft, geht nicht an. Ich finde es im höchsten
Grade bedauerlich, daß wir uns immer noch mit diesem
verpönten Begriff herumschleppen müssen, den der Spiritist
so gut wie der Theosoph für sich in Anspruch nimmt, wobei
natürlich jeder etwas anderes darunter versteht. Die
Folge ist Unklarheit ohne Ende. Warum hat sich Maack's
scharf und klar definierte Bezeichnung „Xenologie", die
kein Mißverständnis zuläßt, nicht eingebürgert?
Ich bin „Okkultist", insofern ich nicht umhin kann,
die Tatsächliehkeit einer Reihe noch nicht wissenschaftlich
erklärter oder erklärbarer, d. h. okkulter, Phänomene anzuerkennen
. Von dem sogen. Schulgelehrten unterscheide
ich mich lediglich dadurch, daß jener an „ okkulte * Probleme
gar nicht herantritt und somit keine Mühe hat, sie
zu ignorieren. Ich stehe wie jener auf dem realen Boden
exakter Wissenschaft und beharre auf dem Grundsatz, solange
wie irgend möglich mit bekannten Kräften zu
operieren und an eine mögliche „okkulte11 Erklärung erst
dann zu denken, wann mir kein anderer Ausweg bleibt.
Wie wir sehen werden, steht auch Erichsen auf dem
gleichen Standpunkt, übertriebene Skepsis kann im übrigen
niemals so verhängnisvoll werden, wie ein Ubermaß an
Leichtgläubigkeit.
Der Ausgangspunkt für die Erklärung einer Reihe
mediumistischer Phänomene war für Erichsen die moderne
experimentelle Psychologie. Einerseits ist es hier
das Beobachtungsmaterial, das der Hypnotismus und die
Psychopathologie uns an die Hand geben, andererseits gewisse
experimentelle Laboratoriumsuntersuchungen über die
sogenannten ideomotorischen Bewegungen usw., die uns das
Verständnis ermöglichen. Dazu kommt das große Kapitel
der Täuschungsmöglichkeiten unserer Sinne, der Beobach-
tungs- und Gedächtnisfehler, und — last not least — der
Betrug.
Auf die erste Kategorie, die der abnormen psychischen
Zustände, wie sie der Mediumismus zeigt, ging der Vortragende
nur ganz flüchtig ein. Der hochinteressanten
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