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306 Psychische Studien. XXXVII. Jahrg. 5. Heft. (Mai 1910.)
wortete die Fürstin: „Ich habe eine gräßliche Vorahnung.
Mitten in der Nacht wachte ich auf und — man hatte
vergessen, die Vorhänge zu schließen — sah ich von
meinem Bett aus den Mond wie ein menschliches Gesicht,
das mich anblickte und zu weinen schien. Tst dies eine
Vorahnung? Ich habe das Gefühl, als wolle mich ein
Unglück heimsuchen." "W. Ekkehard (Florenz).
Literaturbericht.
Nachstehend besprochene Werke sind zu Originalpreisen durch die Buchhandlung
von Oswald Mutze, Leipzig, Lindenstraße 4, zu beziehen.
Bücherbesprechung.
Der Sinn und Wert des Lebens. Von üudoJf Eucken. Zweite,
völlig umgearbeitete Auflage (mit dem Bildnis des Verfassers).
Leipzig 1910, Verlag von Quelle u. Meyer (155 S gr. 8°. Preis
geb. M. 3.20).
Die heutige „vorwiegend von der Aufklärung beherrschte
Lebenssynthese der Kraftsteigerung befriedigt den tiefsten Grund
unseres Lebens nicht mehr, und bei der großen Expansion können
wir dauernd nicht verbleiben. So drängt es zu einer neuen Lebenssynthese
. Sie läßc sich nur vom Standort eines zugleich universalen
und selbständigen Geisteslebens suchen, eines Geisteslebens,
das universal genug ist, um die weltgeschichtlichen Erfahrungen
voll in sich aufzunehmen, und das in Entwicklung seiner Selbständigkeit
neue Tiefen erschließt und mit seiner Wesensbildung
den ganzen Umkreis des Daseins eigentümlich zu gestalten vermag14
. Für ein derartiges Lebenssystem tritt der Verfasser, dessen
Bestrebungen bekanntlich im vergangenen Jahre durch Verleihung
eines Nobel - Preises anerkannt worden sind, mit der vorliegenden,
vor zwei Jahren zum ersten Male veröffentlichten Untersucaung
ein. Mit warmen Worten sucht er die Überzeugung von einem
selbstständigen allgemeinen Geistesleben zu wecken und zu bewußter
freudiger Teilnahme daran anzuregen. Er geht mit dieser
Absicht von einer besonnenen Betrachtung und Würdigung der geschichtlichen
Lebensordnungen aus — der religiösen Kultur, der
Idealkultur, der naturalistischen oder materialistischen, zuletzt der
Sozial- und Individualkultur. Nachgerade haben diese modernen
Lebensordnungen zu einem Widerwillen gegen da3 Bloß-Menschliche
geführt und das Bedürfnis nach Erhebung zu einem „Mehrais
-Menschlichen * hervorgerufen. Dieses Bedürfnis will der Verf.
in die rechte Bahn lenken; möchte das Buch — so sagt er am
Schlüsse — „manchem eine Hilfe in den Kämpfen des Lebens sein !*
Wernekke.
Das Gehirn und der Mensch. Von William Hanna Thomson.
Deutsch von Maria Kühn. K. R. Langewiesche. Düsseldorf
und Leipzig (1910. 212 S. 8°. 2 Tafeln Abbildungen. Preis vornehm
kartonniert M. 1.80).
Daß ein Buch auch ohne den oft für unerläßlich gehaltenen,
aber oft auch recht fragwürdigen, künstlerischen Buchschmuck auskommen
und den Leser fesseln kann, dafür ist ein Buch wie das
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