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354 Psychische Studien. XXXVII. Jahrg. 6. Heft. (Juni 1910.)
Tat des Professors ist eine runde Null.*) Vor zehn Jahren
erklärte Münsterberg, der ernste Gelehrte müsse die Beschäftigung
mit den okkulten Dingen einfach abweisen.
Nun experimentiert er doch, aber — so?! Die Wahrheit
jedoch wandert, wie langsam immer und aufgehalten, ihren
Weg. — Genehmigen Bie hochachtungsvolle Begrüßung von
Ihrem ergebenen Dr. Walter Bormann.a
München, April 1910.
Das Mysterium des Menschen im Lichte der psychischen
Forschung. Eine Einführung in den Okkultismus von
Ludwig Deinhard. Verlag Reichl & Co., Berlin 1910. 336 S. —
Der in okkultistischen Kreisen bekannte und geschätzte
Schriftsteller Ludwig Deinhard hat sich die
dankenswerte Aufgabe gestellt, die zwei Hauptströmungen
der modernen psychischen Forschung, nämlich die Forschung
im experimentellen und jene im esoterischen Sinne
(wie der Verf. treffend die theosophische Bewegung bezeichnet
) zu beleuchten und deren bisherige Ergebnisse
zu zeigen. Das klar und mit tiefer Sachkenntnis geschriebene
Buch kommt einem längst gefühlten Bedürfnisse
entgegen, da es in knapper Form und vornehmer
Unparteilichkeit den Suchenden in die Anschauungen
beider Lager einführt.
*) Nach dem im neuesten Heft der „Annales des Sc. Psych/
nunmehr festgestellten Verhältnisse des Falles Münsterberg - Pala-
dino hat der im Dunkeln forschende Unbekannte keineswegs
gesehen, daß die Paladino einen Fuß aus dem Schuh zog,
sondern er hat lediglich, lange im Finstern tastend, endlich die
Ferse eines Fußes stark angepackt, worauf der ängstliche Schrei erfolgte
. Ein Brief des Anonymus hierüber wird im Journal der
„Society for Psych. Ees.* (Aprilheft) veröffentlicht. Ob der Fuß
nackt oder bekleidet war (mit Strumpf oder Schuh), ob es ein linker
oder rechter Fuß war, darüber sagt der Dunkelmann nichts! Er
hat den Fuß nur einen Augenblick gepackt und nach dem Aufschrei
sofort wieder freigegeben. So ist eine Klarstellung des Falles unmöglich
. War es ein exteriorisiertes Glied der Paladino, das er
packte, oder war es vielleicht gar ihr wirklicher Fuß, der auf dem
von Münsterberg an seinem rechten Platze verblieb? Münsterberg
selbst versichert auf das allerbestimmteste, daß er jeden Augenblick
vor wie nach den festen Druck vom Fuße der Paladino auf seinem
Fuße spürte und daß er nur in den nächsten Sekunden, die nach
dem Schrei folgten, infolge des Schrecks darüber keine Bechenschaft
geben könne. Ob die Paladino hernach etwa ihren Fuß ohne
Strumpf im Schuh hatte, darüber sagt auch Münsterberg kein Wort.
Alles ist so inexakt wie möglich ! Dazu Dinge im Bericht, die geradezu
unmöglich sind! So sieht es mit der „endgiltigen Entlarvung
* aus.
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