http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1910/0368
364 Psychische Studien. XXXVII. Jahrg. f>. Heft. (Juni 1910.)
täten der „ Ultimaten * (Monaden), wie sie Dr. Fugairon in seinem
„Weltbild* veranschaulicht (vgl. das SchemaS.287 I.e.). Die gnostische
„Moral* mit ihren erhabenen allgemeinen Prinzipien und ihren im
einzelnen überaus schön und wirksam begründeten 10 Geboten entspricht
, insofern sie eine heteronome, sich teils auf die im Gewissen
sich kundgebenden «Gesetze Gottes", teils auf ausdrückliche Lehren
Jesu gründet, nicht der an eine streng wissenschaftliche Sittenlehre
zu stellenden Forderung der Autonomie (d. i. der Begründung aus
dem eigenen Wesen des Menschen). Das Ganze schlieCt mit einer
Zusammenstellung der hierurgischen Einrichtung, der kirchlichen
Organisation, der Weihen mit 7 Graden, des pompösen Rituals (mit
symbolischen, offenbar der Freimaurerei entlehnten Zeremonien),
Finanz Verwaltung, Dekorationen, Strafen, Synoden und Konzilien
der neugnostischen Kirche, die lediglich eine Erneuerung der von
mittelalterlichen Irrtümern befreiten christlichen Religion in ihrer
ursprünglichen Reinheit sein soll; dabei erwecken besonderes Interesse
die Abschnitte über Gebet, Reinigung. Geheimkult und die
großen „drei Momente* (Geburt Hochzeit, Tod).
Fritz Freimar.
Margon. Von Gottfried Moritz Gössel - Gesundbrunnen,
Post Wesenstein, Müglitztal i. S. 8°, 124 8., mit der Abbildung
einer Statue. 1910. Im Selbstverlag des Verfassers.
Ein seltsames Buch! Erhöbe dasselbe nicht den Anspruch,
unter göttlicher Inspiration geschrieben zu sein — ein Glaube, dem
man ja in gewissen Kreisen von Offenbarungsspiritisten nicht gerade
selten begegnet —, so würde man es eine Utopie mit starkem
Einschlag aus dem praktischen Leben nennen. Da wimmelt es von
Geistern, welche Stoffe zur Erde bringen, aus denen sich unser
Planet erst entwickeln soll, von Geistern, die sich inkarnieren oder
wieder inkarnieren wollen, von Schutzgeistern u. s. f. Alsdann aber
gibt sich der Verf. stark realistisch und behandelt besonders das
ärztliche Gebiet. Hier kommen nun die „Schriftgelehrten*, das sind
wir Ärzte, schlecht weg; doch hindert dies den Berichterstatter, eingedenk
seiner Verpflichtung völlig objektiv zu urteilen, nicht, anzuerkennen
, daß das kleine Buch neben viel krausem Zeug auch
einzelne gute Gedanken enthält. Die Auslassungen des Verf. über
die Pflege der Brüste von der ersten Kindheit an hat er mit Vergnügen
gelesen. Auch des Verf. Empfehlung des lauwarmen Wassers
statt der jetzt Mode gewordenen Abhärtungsmethoden hat gegenüber
den Uebertreibungen gewisser Kneippianer und Müllerianer im
Gebrauche kalter Duschen sicher eine gewisse Berechtigung. Des
Verf. Apotheke besteht vorzüglich im Gebrauch von Kräutern und
er empfiehlt hier besonders Kamillen- und Stiefmütterchentee. Das
klingt ganz harmlos, indes kann man dies von dem Buch als Ganzes
nicht sagen insofern, als seine Lektüre mit der Gefahr verbunden
ist, daß allzusehr auf die Worte dieses Magisters schwörende Leser
dazu verführt weiden können, in Krankheitsfällen nicht rechtzeitige,
wirklich sachverständige Hilfe in Anspruch zu nehmen. Was will es
denn z. B. gegenüber der unter Umständen lebensgefährlichen Erkrankung
einer Entzündung des Blinddarms besagen, daß Verf. erklärt
, ihm sei es in allen seinen Fällen gelungen, dieses Übel ohne
Operation zu heilen ? Wer garantiert uns, daß des Verf. Diagnose
die richtige war ? Wer garantiert uns, daß in anderen Fällen ohne
Operation der gleich günstige Erfolg eintritt? Darum sollte das
Buch nur in die Hände solcher Personen gelegt werden, welche ein
wirklich sachkundiges Urteil besitzen. Die Ausführungen des Verf.
über die Lehren, welche der heranwachsenden Jugend, dem Jüng-
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1910/0368