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400 Psychische Studien. XXXVLL Jahrg. 7. Heft. (Juli 1910.)
die einen sind leblos, gleich den Formen der Krystalle, die
anderen machen durch das in sie hineingetragene Lebens-
und Gefühlselement fast einen organischen Eindruck.
Dies beobachtet und fühlt man besonders bei den in der
zweiten Figur dargestellten Formen, welche die passende Bezeichnung
„Maßliebchen Figuren" führen. In diesem Falle ist
die Blüte in einer halbflüssigen Farbenpaste vollkommen
erzeugt. Das Hervorschießen und Sichentfalten der Blumenblätter
bei jedem crescendo und ihr Zurückgehen und Sichschließen
bei jedem diminuendo läßt sich hier deutlich verfolgen
. Man kann jedoch noch weitere Beobachtungen
machen; denn wofern man das Verfahren, den Ton in
obigen zwei Phasen abwechselnd so zu wiederholen fortsetzt
, wird sich die Blüte zu immer größerer Formenschönheit
und zu immer größerem Formenreichtum entwickeln,
was erst sein Ende findet, wenn das Medium (Milieu) mangels
Feuchtigkeit infolge Verdunstung aufhört, hinlänglich
bildungsfähig zu sein, um sich mit den Schwingungen zu
bewegen.
Man muß beim Studium dieser Eidophon-Stimmfiguren
immer bedenken, daß sie in ihrer Form nicht nur variieren
gemäß der physischen Eigenschaften des benützten Mediums,
wie seiner Schwere, Dichte, seines festen, halbflüssigen oder
flüssigen Zustandes und der Art des zu ihrer Erzeugung
eingeschlagenen Verfahrens, sondern daß sie auch ihre
Form verändern je nach der physischen Beschaffenheit des
Ei dophon - Diaphragmas selbst, wie seines Flächenraumes,
seiner Dichte, der Art der verwendeten Membran und
deren Spannung. Falls jedoch alle diese Bedingungen gleich- .
mäßig erfüllt werden — durch Benützung desselben Mediums,
Diaphragmas, der gleichen Spannung etc. —, so ist es möglich
, mit jedem einzelnen Ton der Tonleiter immer wieder
die selben Figuren hervorzubringen.
Die dritte Abbildung zeigt uns die Figuren der zwei
diatonischen Skalen (Tonleitern) und wurde von Mrs. Watts
Hughes unter Benützung derselben Membran, deren Umfang
15 englische Zoll betrug, und bei Verwendung von
trockenem Sand als Medium erlangt. Sie sind in die selbe
Reihenfolge geordnet, in der sie bei jeder Steigerung der
Tonstufe erschienen. Man wird dabei die Beobachtung
machen, daß bei jeder Erhöhung des Tones die erzeugten
Figuren komplizierter werden.
Bei der vierten und fünften Abbildung besteht das benützte
Medium in flüssiger Wasserfarbe. In der ersteren
finden wir ein einzelnes Beispiel aus einer ganzen Reihe
von Figuren, welche das Verhältnis der Schwingungen
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