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Peter: Eusapia in den Vereinigten Staaten Nord-Amerikas. 435
bärmlichste Quelle der Unterrichtung, die man sich denken
kann.
Man denkt nicht daran, sich an die Männer der
Wissenschaft zu wenden und bildet sich aus dem, was die
täglichen Zeitungen schreiben, sein Urteil über die kompliziertesten
Fragen der Wissenschaft und der Politik."*) „So
lange dies nicht anders wird," sagt Dr. Hyslop, „bleiben wir
auf dem Standpunkt des Mittelalters. Übrigens will es das
Publikum nicht anders haben: eine ruhige, sachliche Darstellung
der Wahrheit hat wenig Aussicht, dem Publikum
zu gefallen. Letzteres will Sensationen. In dem vorliegenden
Fall (Eusapia) würde man die nackte Wahrheit
nicht lesen und den Zeitungen fällt es gar nicht ein, sie
ihren Lesern zu bringen.' Sie würde nicht wunderbar
erscheinen und das liegt nicht im Interesse beider.tf Dem
Prof. Münsterberg macht Dr. Hyslop den Vorwurf, daß er
sich von den Zeitungen („Magazines") gut bezahlen ließ, um
sich dann mit der Frage von einem Standpunkte aus zu
befassen, der kerne Gefahren bot und ihn nicht in die
Lage brachte, unangenehme Wahrheiten zu sagen. Wer
einen Ruf als Gelehrter zu erhalten hat, tut besser, sich
auf der „respektabeln* Seite einer solchen Frage zu
tauschen, als auf der anderen. Dieses Motiv hat bei den
Universitäts - Systemen * immer überwogen, denn diese basieren
nicht auf dem Idealismus des Missionars, sondern
auf dem Wunsche, von dem „respektabeln Publikum" hochgeschätzt
zu werden. Die Universitäten dürfen ihre Schüler
nicht verlieren und die Herren nicht ihr Brot. Von
Münsterberg oder von irgend einem anderen dieser Gelehrten
zu erwarten, daß sie nach zwei Sitzungen mit einer
Person, deren Phänomene unbestreitbar sehr verschiedenen
Meinungen zugänglich sind, Wunder annehmen, — ist ein
Irrtum: die Respektsperson, der für die Artikel gezahlte
Preis, das Vorurteil und die wissenschaftliche Reputation,
alles dies hindert ihn."
Übrigens kann Dr. Hyslop überhaupt nicht begreifen,
warum das Publikum der Meinung des Prof. Münsterberg
irgend welchen Wert beilegt. Letzterer hat in seinem
Artikel (im „ Metropolitana) und auch schon vor einigen
Jahren selbst eingestanden, daß er nicht befähigt sei, Fälle
wie jene der Eusapia Paladino zu prüfen. Er hat in dieser
Beziehung keine Studien gemacht, und wenn er also nicht
fähig ist, eine Meinung in dieser Sache zu äußern, dann ist
er auch nicht fähig, dieselbe zu bekämpfen. —
*) Ganz wie bei uns!
P.
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