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Kurze Notizen
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bewegungen mimisch - choreographisch auf das Klayierspiel
von Dr. Termier („professeur de physiologie ä FEcole de
mödecine de Grenoble") zu reagieren. De Rochas hat ja
in seinem bekannten [seinerzeit in den „Psych. Stud." von
Dr. E. Bohn eingehend gewürdigten] Werke: „Les sen-
tinients, la musique et le gestett (Grenoble
1900) einen hochwichtigen Beitrag zu musikalischen Suggestionen
der wissenschaftlichen Welt übergeben. Als Dr.
Termier mit dem Klavierspiel plötzlich aufhörte, blieb
Mme, Callemien unbeweglich in der ihr durch die Musik
zuletzt suggerierten Stellung vor Rochas stehen, der sie
nur anblies, worauf sie wieder normal wurde. — Das heute
erhaltene Juniheft der „Psych. Stud." bringt S. 327 eine
Frage ihrerseits, die ich mir erlaube, beiläufig zu beantworten
. Schon de Rochas erwähnt in seinem Bericht
in den „Annales des Sc. Psych.Ä (vgl. S. 330 1. c), daß bei
B a i 1 e y sich sehr häufig Trancezustände außerhalb der
Sitzungen einstellten. So fiel ei auch oft in Trance, wenn
ich mit ihm allein war, was seine damit verbundene Empfindungslosigkeit
, sowie die Starrheit seiner Pupillen bewies
.*) Im Coup6 zwischen Grenoble und Paris fiel er auf
*) Das ganze sonstige (auch vom Obersten de Rochas als völlig
unmoralisch charakterisierte) Verhalten dieses Betrügers, der sogar
seinen Vogelkauf dreist abzuleugnen versuchte, legt den Verdacht
nahe, daß er diese Tranceanfälle, wenn nicht simuliert, so doch absichtlich
durch Autosuggestion herbeifahrt, um seine eigenen fadenscheinigen
Ausreden und Vorspiegelungen seinen „Geistern* in den
Mund zu legen. — In einer Nachschrift, dat. New-York, City,
4. VII. er., gibt Prof. Reichel selbst noch einige interessante
weitere Aufschlüsse über die sonderbaren Trancezustände Bailey's.
Er schreibt uns u. a.: „Ich möchte Ihnen noch einen Fall mitteilen
als Beweis, wie man mit Trance-Mediumschaft vorsichtig sein muß,
da in sehr vielen Fällen das subliminale Bewußtsein eine
Hauptrolle spielt. In der leidigen Bailey-Affäre schrieb mir Colonel
de Rochas sehr'richtig („Annales des Sciences Psychiques", März
1910, S. 74): „Ordinairement enfonc^s dans la profondeur de sa memoire
(Gedanken) remontenta la surface, quand, sous Finfluence de cau-
ses encore mal däfinies, il se produit cbez lui (Bailey) un £tat
cebral particulier constituant la trance." — In meinem (von Ihnen
zitierten) Briefe an Mrs. Bright, Melbourne, habe ich ihr klargelegt,
da sie auf Bailey's Trance • Mitteilungen so viel Wert legt, daß die
Wissenschaft mit solchen „Offenbarungen" nichts anfangen könne,
weil deren Richtigkeit oder Unrichtigkeit nicht zu prüfen sei und die
Mehrzahl der Offenbarungsschriften sich widersprächen. Die Miller'-
schen Phantome predigen z. B. durchweg die Palingenie (vgl. „Kreuz
und Quer durch die Welt," Leipzig, O. Mutze, 8. 76, 80), während
die Bailey'schen solche absolut verneinen. — Nun zur Sache! In
Grenoble bat mich Bailey, mit ihm ins Theater zu gehen, es würde
„Quo Vadis?" gegeben, was ich nicht kannte. Ich sagte es ihm
sofort zu, da man Medien bekanntlich immer in guter Laune erhalten
muß. Bald darauf fiel er in Trance, was seine Gefühllosig-
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