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482 Psychische Studien. XXXVII. Jahrg. 8 Heft. (August 1910.)
Literaturbericht.
Nachstehend besprochene Werke sind zu üriginalpreisen duicli die Buchhandlung
von Oswald Mutze, Leipzig, Lindenstraße 4, zu beziehen.
Bücherbesprechung.
Studien zum Methodenproblem und seiner Geschichte. Von Richard
Herbertz, Privatdozent der Philos. an der Universität Bonn.
Köln, Du Mont-Schauberg, 1910. (216 S. 8°.)
Des Verf. Absieht bei seiner scharfsinnigen und sorgfältigen
Untersuchung geht ausgesprochener Maßen nicht dahin, eine Geschichte
des gesamten Methodenproblems zu bieten. Jedoch wird
der historische Gang eingeschlagen, um festzustellen, daß der Auffassung
:, die ein Denker von dem Erkenntnisproblem hat, worauf
also seine Weltanschauung beruht, auch seine Auffassung von der
zur Begründung dieser Anschauung geeigneten Methode entspricht.
Die Überzeugung, daß die Philosophie mehr sein muß als eine
Summe von Ergebnissen unserer sinnlichen Wahrnehmung, daß das
unveränderliche Wesen der Dinge in den Begriffen unserer Vernunft
zum Ausdruck kommen muß, ist maßgebend für den Gedankengang
des Sokrates, Plato, Aristoteles , deren Rationalismus
aber in nachari&tolelischer Zeit nur teilweise gepflegt wurde, weil
sich das philosophische Interesse nach und nach in die Sphäre des
Praktischen und Ethischen und schließlich des Religiösen verschob,
dem für die Erkenntnis ein „subjektives Wahrheitsgefühltt genügte:
daher der Suprarationalismus der neuplatonischen Methodenlehre.
Zu rationalistischer Auffassung kehrte die Scholastik zurück und
handhabte die Lehren der aristotelischen Logik mit einer Subtilität,
die der Renaissancephilosophie als zweckloser und unerträglicher
Formalismus erschien. Die durch Bacon und zeitgenössische
Denker geförderte Kritik der Methodenlehre führte zur Vorherrschaft
der Induktion, deren Theorie nach den grundlegenden Arbeiten
von Hume und J. St. Mill noch heute nicht als abgeschlossen
gelten darf. Wernekke.
Angriffe auf verschiedene Grundanschauungen in der Physik und der
Chemie. Von Karl Häck, Stadtprozelten am Main. II. Miltenberg
, G. Volkhardt, 1910 (32 S. gr. 8«).
Daß der Verf. seine Auseinandersetzungen als „Angriffe* bezeichnet
, wo ein anderer Schriftsteller höflich erweise etwa rEin-
wendungen* oder mBedenken* gesagt hätte, ist keineswegs maßgebend
für den in der Abhandlung angeschlagenen Ton; dieser ist durchaus
ruhig und rein sachlich, und das Ergebnis ist nicht bloß negativ
, sondern entschieden positiv, und dürfte ebenso beachtenswert,
als brauchbar sein bei der neuerdings wieder so lebhaft gewordenen
Erörterung über die Konstitution der Materie. Nach des Verf. Ansicht
(so weit ich sie aus diesem zweiten Hefte ohne Kenntnis von
dem ersten habe richtig erfassen können) gibt es nur eine einheitliche
Materie, deren Moleküle an sich weder starr, noch beständig,.
sondern dissoziationsfähig sind. Sie sind im kritischen Zustande
(an der Grenze zwischen Gaszustand und flüssiger Form), sowie im
flüssigen und festen Zustande lückenlos aneinander gereiht, im
Gaszustande durch Zwischenräume getrennt, welche jedoch nicht
durch den Äther ausgefüllt werden Denn der Äther, d. h. die im
höchstmöglichen Grade dissoziierte Materie oder das vollkommenste
Gas, erfüllt zunächst nur den Weltraum. Infolge der Bewegungen
seiner Moleküle übt er einen bestimmten Druck auf alle Systeme
aus, die sich in ihm befinden, und bewirkt dadurch die Erscheinungen
der Gravitation , Kohäsion, Oberflächenspannung usw. Das
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