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494 Psych* Studien* XXXVII. Jahrg. 9. Heft. (September 1910.)
Wiederherstellung der normalen Person, sobald man dies
will. Die „ Annales des Sciences Psychiques" *) veröffentlichen
nun einen Brief des Chefredakteurs der „Voz de la
Verdad", Mr. Febo de Limosin, in welchem dieser das
Phänomen der Vervielfachung (Pluralisation) für unmöglich
erklärt. „Nein,* sagt der Brief Schreiber, „ich glaube, daß
die Sache absolut unmöglich ist. Ich nehme an, daß die
Astral-Biologie, ebenso wie die wissenschaftliche Biologie,
gegen diese Durchbrechung ihrer Gesetze wird protestieren
müssen. Man wird mir sagen, daß die Kenntnisse der
Wissenschaft begrenzt sind, daß der Mensch, welch' großer
Forscher er auch sei, jeden Augenblick sich Dingen gegenüber
sieht, die seiner Erkenntnis entgehen, daß er in einer
Welt der romantischen Verirrungen und eines für jeden
philosophischen und psychologischen Begriff der Seele und
folglich auch des Universums gefährlichen Empirismus
lebt. Sehr gut; aber das ist kein Grund, die extremen
Ansichten des Fanatismus zu teilen. Deshalb fliehe ich
diese Leichtgläubigkeit und protestiere gegen die erwähnte
Manifestation der Phänomene in Costa Rica.
Die Pluralisation „MaryV, wie die eines Spirits überhaupt
, kann nicht sein. Nehmen wir an, wir seien in einer
spiritistischen Sitzung und erhielten unter günstigen Bedingungen
die Materialisation eines Wesens aus dem Jenseits
. Könnte dieses Wesen lediglich durch die Kraft
seines Willens seinen Astralkörper teilen, z. B. in drei Teile,
und bewirken, daß jeder derselben eine eigene und bewußte
Individualität annimmt, die gleich der ersten wäre?
Nein, denn sonst würde das Phänomen drei unter sich
gleiche Bewußtseine und gleich jenem, von dem sie ausgehen
, zeigen — und dies ist absurd. Der Geist hat nur
ein einziges Bewußtsein, das im Ich wurzelt und es kann
sich nicht teilen, weil es unteilbar ist/ —
Mr. C. de Vesme, der Chefredakteur der „ Annalestf,
macht hierzu einige sehr treffende Bemerkungen. Zu dem
Schlußsatz des erwähnten Briefes sagt er: „Nach der
experimentellen Methode kann man die Frage umdrehen
und behaupten: „Wenn ein Geist sich in drei gleiche Bewußtseine
teilt, so kann dies Phänomen nicht absurd sein."
Wir dürfen die Tatsachen nicht beurteilen nach den Theorien
, die wir festsetzen; wir müssen die Theorien nach
den Tatsachen, die wir feststellen, betrachten. Wenn das
Phänomen der Vervielfachung „MaryV wirklich festgestellt
ist, dann ist es klar, daß es absurd ist, diese Möglichkeit
*) Mal 1910, S. 158 ff.
P
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