Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
37. Jahrgang.1910
Seite: 613
(PDF, 209 MB)
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Seiling: Arthur Schopenhauer, der Mystiker und Okkultist. 613

mäßigen Naturordnung, um einen direkten Eingriff des
metaphysischen Prinzips, des all-einen Willens, handelt. Damit
ist aber, wenngleich alle religiösen Vorstellungen ausgeschlossen
sind, die Möglichkeit des Wunders zugegeben.
Wie beweiskräftig muß also Schopenhauer viele, wenn auch
entfernt nicht alle Zeugnisse über okkulte Phänomene befunden
haben, daß er diesen, seinen wissenschaftlichen Euf
gefährdenden Schritt wagen konnte! Andererseits beweist
dieser Schritt die den großen Geist und wahren Freidenker
auszeichnende, weitgehende Unbefangenheit, die uns
auch bei Goethe entgegentritt. — Der Standpunkt Schopenhauers
, zur Erklärung der okkulten Phänomene außernatürliche
Vorgänge heranzuziehen, ist jedoch keineswegs allgemeinbindend
. Man braucht ja nur, was er im Zwange
seines sehr anfechtbaren Systems nicht tun konnte, das
reale menschliche Individuum mit den entsprechenden
Fähigkeiten auszustatten und daneben ein über sinnliches
(nicht über natürliches) Reich anzunehmen, um die
Gesetzmäßigkeit alles Geschehens in vollem Umfang aufrecht
zu erhalten; denn dieser widerspricht es eben durchaus
nicht, wenn man es, wie höchst wahrscheinlich der
Fall, mit noch unbekannten Naturgesetzen zu tun hat.

Von besonderem Interesse ist Schopenhauers Stellung
zu den Geisterm^nifestionen, weil er kein individuelles
Weiterleben nach dem Tode kennt. Von dem,
was man jetzt „spiritistische" Phänomene nennt, war ihm
nur das Tischrücken und -klopfen bekannt. Mit ihm macht
er (in dem nachgelassenen Manuskript: „Senilia") kurzen
Prozeß, indem er sein allgemeines Erklärungsprinzip anwendet
und so leicht ohne Geister auskommt. Aufs eingehendste
beschäftigt er sich hingegen mit den spukhaften
Gestalten, und zwar in der großen, sehr lesenswerten Abhandlung
: „Versuch über das Geistersehen.* Nachdem
Schopenhauer alle Möglichkeiten erschöpft hat, die Erscheinungen
aus subjektiven Vorgängen im Geisterseher zu
erklären, muß er gestehen, daß bei manchen Geistergeschichten
jede andersartige Auslegung (als die Annahme
einer tatsächlichen Einwirkung des Verstorbenen) große
Schwierigkeit hat. Allerdings kann nach seiner Ansicht eine
Geistererscheinung niemals objektive Wirklichkeit haben,
sondern sie könnte nur eine vom Verstorbenen erregte
Vision im Gehirn des Geistersehers sein. Daß Visionen
durch eine äußere Ursache veranlaßt werden können und
solchermaßen von rein subjektiven Halluzinationen wohl zu
unterscheiden sind, steht für Schopenhauer fest. Er schreibt
hierüber in bedeutsamer Weise: „Der lebhafte und sehn-


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