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Kaindl: Metapsychische Erscheinungen aus alter Zeit. 627
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Imme Autosuggestion möglicherweise verhindert haben
kann. Für das Vorhandensein eines derartigen Rapports
bei Lebenden spricht die in der sogenannten schwarzen
Magie wohlbekannte Tatsache, daß Zauberer und Hexen,
welche, um schädigende Fern Wirkungen auf Personen auszuüben
, dazu von ihnen odisierte Gegenstände benützen.
Der Rapport mag hierbei auf ähnliche Weise hergestellt
werden, wie bei einer Somnambulen, mit der man in Rapport
kommen kann, wenn man ihren Magnetiseur berührt.
Es ist nicht ausgeschlossen, daß das Gebanntsein an einen
bestimmten Ort, was in ziemlich vielen Spukgeschichten
von den darin auftretenden Phantomen behauptet wird, auf
einer solchen odischen Verbindung der Psyche mit einer
gewissen Ortliehkeit beruht, wodurch sie sich der von dorther
auf sie eindringenden, vielleicht sehr widerwärtigen
Einflüsse nicht entziehen kann, was ein Gefühl von Zwang
erzeugt, welcher von der traumbefangenen Seele in dem
erwähnten Sinne gedeutet wird.
Es gibt Spukgeschichten, auf welche sich das Erklärungsprinzip
vom posthumen Monoideismus nicht anwenden
läßt. Die darin berichteten Phänomene scheinen
mir in das Gebiet bewußter und unbewußter Zitationen zu
gehören, die gleichfalls ihre analogen Fälle unter den Fernwirkungen
Lebender haben. So konnte z. B. die Nonne
Eustachia ihren Beichtvater auf magische Weise herbeirufen
, sobald sie seiner bedurfte, welchem Einflüsse er sich
nicht zu entziehen vermochte. Bei Liebenden soll sich nach
Goethe eine derartige Anziehung vermöge der sie erfüllenden
gegenseitigen Sehnsucht unbewußt geltend machen. —
Unter den früher angeführten Beispielen von Fernwirkungen
Lebender befinden sieb einige, wo sich Träume
von im Schlafe befindlichen Personen an den betreffenden
Orten objektivieren.*) Ich glaube, daß man in Anbetracht
der zwischen den Spukwirkungen Lebender, Sterbender
und Verstorbener bestehenden zahlreichen Analogien wohl
berechtigt ist, auch die auf Verstorbene zurückzuführenden
Spukvorgänge als deren exteriorisierte Träume zu betrachten
, die sich, ähnlich den Träumen eines Nachtwandlers
, tatsächlich an jenen Orten abspielen, wohin sie die
Traumphantasie verlegt. Zur Illustration eines derartigen
Spukes sei hier ein sagenhafter Fall aus Daumer**) angeführt
:
*) Ein merkwürdiger Fall einer Fernwirkung im Traum, wobei
das Phantom schreibt, rindet sich in du PrePs „Monistischer Seelenlehre
", S. 243.
**) „Das Geisterreich," I, S. 119.
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