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638 Psych. Studien. XXXVII. Jahrg. 11. Heft. (November 1910.)
hören und ebenso wenig, daß sie räumlich von ihr geschieden
werden können. Offenbar ist das Einzige, was wir mit
Sicherheit behaupten dürfen, daß Veränderungen der einen
Seite auch solche der anderen zur Folge haben; aber diese
Folgebeziehung ist in keiner Weise denen der materiellen
Welt vergleichbar. Dürfen wir von keinem räumlichen
Dasein der Seele sprechen, so ist es sinnlos zu sagen, daß
sie jemals im Stande wäre, in räumliche Konfigurationen
einzugehen. Es ist klar, daß an dieser Tatsache nichts
geändert würde, wenn wir uns nach den Theorien des
Spiritismus dazu verstehen sollten, das Uberleben nicht
nur der psychischen, sondern in gewissem Sinne auch der
physischen Agentien anzunehmen. Jföaeh diesen Anschauungen
wären die Geister hier oder dort, je nachdem ihr
noch unbekanntes materielles Dasein imstande wäre, sich
im Räume zu manifestieren, niemals aber der Geist dieser
Geister, das heißt: Dasjenige, was psychisch ist an den
Phänomenen, spottet einer Einordnung in materielle Gegebenheiten
. —
Unter den Theorien, welche man von jeher über das
Eigenleben der Geister aufgestellt hat, verdient eine ein
schnelles Vergessen, das ist die Theorie einer vierten Dimension
. Diese Annahme ist so absurd, daß sie nicht *
verdient, ernsthaft diskutiert zu werden. Sämmtliche Erscheinungen
räumlicher Natur können nur unter der Annahme
unseres dreidimensionalen .Raumes in unsere Anschauung
treten, sogar die zweidimensionale Fläche kann nur durch
die ideelle Unterschiebung einer dritten Dimension vorstellig
werden. Die Versuche Zöllners beweisen dem nur
einigermaßen erkenntniskritisch Orientierten nichts. Wenn
es gelingt, in eine eingeschlossene Schnur einen Knoten zu
praktizieren, so ist es nichts, wie eine leere Phrase, dies
auf die Wirksamkeit vierdimensionaler Wesen zurückzuführen
; denn gesetzt, wir wollten diesem Prozesse mit
unserer Anschauung folgen, oder dem anderen etwa, symmetrische
Körper zur Deckung zu bringen, so würden wir
eben glauben, daß eine Deckung vollkommen übereinstimmender
unsymmetrischer Körper stattfindet, da eben
unsere räumliche Betrachtung eine vierte Dimehsion nicht
zu verwirklichen vermag. Gewiß, beweisen läßt sich so
etwas nicht.
Die Möglichkeit, daß es auch anders geartete Wesen
geben könnte, deren Anschauungsformen von denen der
unsrigen verschieden wären, läßt sich niemals in zwingender
Weise negieren. Wir würden also besser sagen
müssen: es ist eine schlechte Theorie, die uns hier auf-
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