Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
37. Jahrgang.1910
Seite: 662
(PDF, 209 MB)
Bibliographische Information
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662 Psych. Studien. XXXVII. Jahrg. 11. Heft. (November 1910.)

Nr. 9 vom Sept. er.) speziell auch von dem jetzt in aller Welt ausposaunten
neuen Syphilismittel „Ehrlieh-Hata 606" — einem überaus

S;iftigen Arsenikpräparat — befürchtet. Während nun volle zwei
ahre, 1903—1905, die maßgebenden Persönlichkeiten im Elsaß keine
Handhabe gefunden hatten, um gegen die erfolgreiche Heilpraxis
des Verf. als „Kurpfuscherei" gerichtlich einzuschreiten, entdeckte
während der Militärzeit des Somnambulen (1905— 1907) irgend ein
findiger Kopf im Bund mit dem dortigen, dtreh die Konkurrenz geschädigten
Kreisphysikus Dr. M. (der als beeidigter „Sachverständiger
" die gleichfalls beeidigten glänzenden Erfolge dem „Zufall" zuschrieb
) den fast vergessenen § 479, Ziffer 7 des in Elsaß-Lothringen
noch giltigen „Code p£nal" aus der Zeit Napoleon's I., wornach Personen
, die sich gewerbsmäßig mit Wahrsagen, Zukunftvoraussagen
, Zeichen - und Traumdeuten und anderen „pratiques
superstitieuses" befassen, mit einer Geldbuße von 11 bis 15 frs. zu
bestrafen sind, wornach also auch die vom Kaiser offiziell begünstigte
Rutengängerei strafbar wäre, sobald eine Geldentschädigung
dabei stattfindet. Während nun aber sonst in den Reichslanden
Gendarmen auf harmlose blau-weiß-rote Bänder und
Schleifen Jagd machen > dagegen wirkliche „Wahrsagerinnen" mit
ihrem Handwerk auf Jahrmärkten etc. von der Polizei unbehelligt
bleiben, wurde Verf. samt seinem Hellseher auf Grund des von der
Staatsanwaltschaft nach einem französischen (!) Kommentar von
Dalloz konstruierten Begriffs derWahrsagerei (!) — trotz der von ihm
beigebrachten ärztlichen Gutachten von Prof. Dr. G. Jäger und
Sanitätsrat Dr. Bilfinger über die erfahrungsmäßige Möglichkeit
übersinnlicher Heilwirkungen und trotz des für ihn überaus günstig
verlaufenen Zeugenverhörs — wiederholt vom Amts- bezw. Schöffengericht
in Mühlhausen und nach eingelegter Berufung auch vom
Landgericht zur Strafe gezogen. Letzteres erkennt zwar in den
Urteilsgründen ausdrücklich die „Tatsache" an, „daß in vielen
Fällen in der Tat die richtige Diagnose der
Krankheiten gestellt worden zu sein scheint und daß dieser
Umstand Beziehungen und Kräfte vermuten läßt, die von der
Wissenschaft noch nicht aufgeklärt sind," glaubt aber doch, daß,
solange solche Kräfte nicht zweifellos durch die exakte Wissenschaft
festgestellt sind, ihre Benutzung als „pratique supersti-
tieuse" im Sinne des „Code penal" zu betrachten sei. Auch die
gegen dieses und ein späteres Urteil eingelegte Revision verwarf
das Oberlandesgericht Colmar, dem der persönlich erschienene
Verf. vergeblich den wesentlichen Unterschied zwischen „übersinnlich
" (aber wissenschaftlich erforschbar) und „übernatürlich"
(was nur geglaubt werden kann) klar zu machen versucht hatte.
Die für Heilkundige, Juristen und Okkultisten gleich interessanten
Einzelheiten über alle diese Vorgänge, sowie über die weiteren
Verfolgungen des Verfassers, der jetzt die Diagnosen durch seinen
Hellseher völlig gratis erteilen und die darnach vom Patienten freiwillig
gewünschten Kurverordnungen jenseits der Landesgrenze
besorgen läßt, möge man in dem fesselnden Schriftchen selbst
nachlesen, das schon wegen seines billigen Preises bei hübscher
Ausstattung — mit Abbildungen des Verfassers und seines Mediums
in den verschiedenen Stadien des Tiefschlafs — als Propagandaschrift
zugunsten freier, vorurteilsloser wissenschaftlicher Forschung
bestens empfohlen werden kann. Fritz Freimar.


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