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668 Psych. Studien. XXXVH. Jahrg. 12. Heft. (Dezember 1910.)
Trotz dieser Beobachtungen Bozzano's war bei den skeptischen
Gelehrten der Verdacht nicht beseitigt. Man blieb
dabei, daß das Medium ab und zu mittels eines weißen
Haares oder Fadens betrüge. In dem ausführlichen Berichte
des M. Jules Courtier*) über die Sitzungen mit der
Eusapia Paladino am „Institut G6n£ral Psychologique44 in
den Jahren 1905, 1906, 1907 und 1908 wird u. a. gesagt:
„Nachdem es der Eusapia nicht gelungen war, die Schale
einer kleinen Wage, welche mit Rauch geschwärzt worden
war, niederzudrücken, trat sie eines Abends vor der Sitzung
an einen Gummibaum heran, wandte den Kopf aber, um
zu zeigen, daß nicht ihr Atem im Spiele sei, und ließ eines der
Blätter wiederholt, offenbar ohne es zu berühren, schwingen.
Dabei hielt sie ihre Hände geöffnet zu beiden Seiten eines
der großen Blätter. Sie wiederholte das Experiment in der
nächsten Sitzung. Aber eine günstige Beleuchtung gestattete
einem der Anwesenden deutlich ein Haar zu erblicken,
mit dessen Hülfe sie das große Blatt bewegte. Ein anderer
hatte ein Haar von der Hand der Eusapia herab hängen
sehen. Vor einer anderen Sitzung ließ das Medium mit
Hülfe eines weißen Haares die Wage schwingen; jemand,
der in der Nähe zu tun hatte, sah, wie ein leuchtender
Strahl aus ihren Fingern ging; als er aufmerksam weiter
beobachtete, bemerkte er, daß es ein zwischen den Fingern
des Mediums gespanntes Haar war, das auf die Schaale
der Wage einwirkte." Niemals wurde das mysteriöse Haar
gefunden, man hat niemals dem Medium ein solches aus
den Händen genommen u. dergl., — allein man hatte es
gesehen und das genügte: es war eine willkommene Erklärung
der unglaublichen und nach Ansicht vieler modernen
Gelehrten unmöglichen Phänomene.
Da führte das Glück dem Dr. Ochorowicz in MUe.
Tomczyk ein ausgezeichnetes Medium zu. Die geehrten
Leser kennen das Medium und seine seltenen medianimen
Fähigkeiten aus den Berichten über die hoch bedeutsamen
Experimentalforschungen des genannten Gelehrten.**) In
einer langen Reihe von Experimenten hat Dr. Ochorowicz
festgestellt, daß eine Strahlung aus den Händen des Mediums
(im somnambulen Zustande) entweicht. Er unterschied zwei
Formen dieser Badiation, von welchen er die eine „starre
Strahlen", die andere „Xx Strahlen44 nannte. Beide
erscheinen zwischen den Händen des Mediums im „medianimen
Feld44 als „medianimer Strom44. BDiese Strahlen44,
*) Vgl. „Annales d. Sc. Ps.tt 1909, S. 41.
**) Vgl. „Psych. Stud.", 1909, S. 506 ff., 1910, S. 1 ff. u. S. 186 ff.
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