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«90 Psych. Studien. XXXVII. Jahrg. 12. Heft. (Dezember 1910.)
das Ergebnis langjähriger, experimenteller, wie erkenntnU-
theoretiseher Studien. Teils habe ich an selbst konstruierten
Apparaten zur Prüfung der lebenden Organismen entströmenden
, strahlenden Energie (nach Ausschaltung der
Wärmestrahlen) die Tatsächlichkeit ihrer längst auch von
anderen (Reichenbach, Maack, Ilarnack usw.) behaupteten
Existenz feststellen können,*) teils haben mich wohlgelungene
eigene, einwandfrei angestellte telepathische Versuche
davon überzeugt, daß die Abweisung solcher
Versuche durch die orthodoxe Naturwissenschaft unwissenschaftlichen
Vorurteilen entspringt, zum Schaden tieferer
Naturerkenntnis, wie zur Förderung des Glaubens an übernatürliche
Dinge. — Die Umwälzungen, Areiche die letzten
Jahrzehnte auf ehemisch - physikalischem Gebiet gebracht,
werden auch unser* Erkenntnisse in Biologie und Psychologie
vertiefen und aus ihrer teilweise dogmatischen Erstarrung
zu neuem Leben und Werden führen. Der Schatzkammer
naturwissenschaftlicher Kleinarbeit Aver Jen neue
Gebiete und Riehtungen erschlossen werden, welche die
Unerschöpflichkeit der Natur immer wieder beweisen und
^ie als das eigentliche „Reich unbegrenzter Möglichkeitenu
erscheinen lassen. Dem „nosee te ipsuni44 muß das: „erkenne
den Geist, der dich Natur erkennen läßt" parallel
gehen. Eucken meint: „die Natur ist die Vorstufe des
Geistes.44 Wenn er darunter nicht den menschlichen Geist
versteht, so muß gerade das Umgekehrte der Fall sein, wir
müßten denn zweierlei Geist annehmen und damit die Alleinheit
der Natur verneinen, in die eine geistlose Mechanik
den Zufall zu ihrem Götzen einsetzt. Das Wort „Natur'*
ist ein Wortfetisch (LudAA\ Stein), Avenn dahinter kein
geistiger Ausgangspunkt angenommen wird. Wie dies Wort
zumeist gehandhabt wird, schlägt es in die Vorform der
Wissenschaft, den Aberglauben, zurück.
Was AA'ir unter „Geist44 verstehen, ist geistiger Inhalt,
Inhalt, der sich mit physikalischen Hilfsmitteln nicht messen
läßt, dem Gesetz von Ursache und Wirkung nicht unterworfen
ist und nur lebendig als Bewegung und Empfindung
Avirken kann, wenn er an eine meßbare Energie, die ihm
als Träger dient, gebunden ist. An den Stoff gebunden,
wie im Kunstwerk, im gedruckten oder geschriebenen Wort,
wie in jeder anderen toten Form, muß der in ihr potentiell
*) Bei der Herstellung der Apparate, wie bei den Versuchen
hat mir seinerzeit Herr Willy Momber aus Danzig, gegenwärtig
Regierungsrat und Mitglied des Kaiserlichen Patentamtes zu Berlin,
Rat und werktätige Hilfe geleistet, Avoftir ich ihm auch an dieser
Stelle meinen Dank ausspreche.
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