Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
38. Jahrgang.1911
Seite: 7
(PDF, 210 MB)
Bibliographische Information
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Wolynoff: Ljoff Nikolajewitseh Tolstöj. 7

Wie ganz anders steht sein Landsmann Aksäkoff da!
Er hat sein ganzes Leben, außer seinem anstrengenden Berufe
, der Menschheit den großen, ja den größten Dienst geleistet
, den je ein Sterblicher ihr bieten konnte. Er hat
den Beweis ihrer transzendentalen Existenz zu erbringen
versucht und für Denkende auch in seiner Bibel des Spiritismus
: „Animismus und Spiritismus" erbracht. Die sich
daraus ergebende Philosophie versöhnt mit dem Leben und
läßt uns bestreben, uns zu jenem Ubermenschen zu entwickeln
, der in unauflöslich verknüpfter Gemeinschaft mit
allen Naturen der Geisterwelt steht (um mit Kant zu
sprechen), aber nicht zu dem Ubermenschen eines Nietzsche,
jener Mißgeburt des menschlichen Geistes, von der noch
immer soviel gefaselt wird.

Aber wie auch jener Philosophie - Professor sich eines
Kultus erfreut, obschon er nicht eine einzige Wahrheit entdeckt
hat, wohl aber den größten Trivialitäten den Schein
des Tiefsinns dadurch aufdrückt, daß er sie in eine
schwülstige Sprache einhüllt, ja dessen Schriften mit Vorteil
nur von der Psychiatrie gewürdigt werden können, so
fand auch Tolstöj seine Nachbeter.

Er kennt aber oder will nicht jene Welt kennen: er
will nur den Erdenknechten dienen.

Doch wie kann «.eine Erlösung im Staube gefunden
werden? Mensch sein heißt leiden, entweder auf diese
oder jene Weise. Frei und erlöst weiden wir nicht auf
dieser Welt. —

Als ein Schüler des Fürsten Aktsehxirin, eines Artillerie-
Hauptmanns und Lehrers an der Petersburger Kriegsschule
, der zu den Füßen Tolstöj's gesessen, ist mir der
Meister und seine Lehre besser bekannt als denen, die
heute spaltenlange Artikel in den Feuilletons über Tolstöj
schreiben und dabei nur einen geringen Bruchteil seiner
Werke und den noch erst durch „die vorgespannten Pferde
der Kultur", wie Macchiavelli die Ubersetzer nennt, kennen
gelernt hat. Die Kapriolen dieser Rößlein sind aber wohl
nur zu gut bekannt

Tolstöj und Nietzsche sind Mode — d. h. gewesen
denn die Nachwelt wird weniger oberflächlich und leichtfertig
ihre Sympathie an jene mit dem Allzumenschlichen,
Irdischen liebäugelnden Vertreter verschwenden. Tolstöj
hat ja seinen großen Fehler eingesehen, und er, der Renegat
, den die orthodoxe Kirche exkommuniziert, sehnte sich
nach den Segnungen derselben zurück. „Möchte ihm Gott
ein gnädiger Richter sein," schrieb der Zar an die Witwe
des Dichters, und wir möchten sagen: Möchte Tolstöj


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