http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1911/0014
10 Psychische Studien. XXXVIII. Jahrg. 1. Heft. (Januar 1911.)
„Cours de Litt£raturett 1799—1805 erschienen. Anfangs
gehörte er zu den Freigeistern, starb jedoch als Anhänger
der Kirche am 11. Februar 1803. Seine „Oeuvres ehoisies
et posthumes" sind (von Claude Bernard Petitot,
anonym bei Migneret) Paris 1806 herausgegeben worden.
La Harpe's Handschrift*
Petitot fand inLaHarpe's Nachlaß ein Manuskript,
dessen Hauptinhalt er mit Weglassung von La Harpe's
eigener Meinung darüber ohne irgend welchen Kommentar
mit den von ihm besorgten „ Oeuvres ehoisies et post-
humes de M. de la Harpe" 1806 abdruckte, am Schlüsse
seiner Einleitung dazu, den „M&noires sur la vie de M. de
la Harpe" (I. Bd., S. LXII—LXVI1I). — Geschildert wird
da in sensationeller, effekthaschender Weise eine Abendgesellschaft
der berühmten Freigeister im Anfang des
Jahres 1788 zu Paris. Dabei wird über alle feinsinnigen
Ideale der Menschheit gespottet und dagegen die Vernunft
von Diderot und Voltaire angepriesen. Unter den
Anwesenden beteiligt sich nur einer nicht an diesen Frivolitäten
; das ist Jacques Cazotte, „homme aimable et
original, mais malheureusement infatu£ des reveries des
illumines." Dieser nun soll sich, ohne zwingende Notwendigkeit
, damals getrieben gefühlt haben, jedem der Anwesenden
in harter Weise die grausame Art seines gewaltsamen
Todes direkt ins Gesicht zu sagen, — so dem
Marquis de Condorcet. daß er an Gift auf dem Pflaster
eines Gefängnisses sterben werde, um den Händen des
Scharfrichters zu entgehen, — dem hochmütigen Cham-
fort, daß er infolge eines Selbstmordsversuches sterben
werde, da er sich aus gleichem Grunde die Pulsadern öffnen
werde. Dem Vicq d'Azyr erklärte er, daß er auf
seinem Wunsch sechsmal an einem Tage zur Ader gelassen
werde während eines heftigen Gichtanfalles, um seiner Sache
sicher zu sein, daß er aber in der Nacht darauf sterben
werde. — Den Nicolai, Bailly, Malesherbes und
Roucher sagte er, sie würden alle auf dem Sehaffotte
sterben, dem La Harpe, er würde noch wieder Christ
werden. Der Herzogin von Granamont stellte er in
Aussicht, daß sie miir vielen anderen vornehmen Damen,
die Hände auf den .Rücken gebunden, in einem Karren
zur Richtstätte gefahren werden würde. — Auf die Frage,
ob man ihnen denn nicht wenigstens einen Beichtvater
dabei lassen werde, antwortete Cazotte: nein, der letzte, dem
man solche Tröstung noch gewähren werde, sei der König
von Frankreich. — Als ihn zuletzt die Herzogin gefragt
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1911/0014