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20 Psychische Studien. XXXVIII. Jahrg. 1. Heft. (Januar 1911.)
gewichtigen und hochinteressanten Ausführungen den auf
die „Kreuzkorrespondenzen" gestützten Hoffnungen entgegen.
Ich muß mich auf einen Auszug beschränken, möchte aber
jedem, der Interesse und Zeit hat, das Studium des Bal-
four'schen Berichtes empfehlen.*) Sir Balfour läßt den
großen Verdiensten, welche sich Mrs. Verrall und Miß
Johnson um die Erhaltung der „Kreuzkorrespondenzena
erworben haben, volle Gerechtigkeit widerfahren, aber er
weist darauf hin, daß doch besondere Momente, die mitgespielt
haben, zur Vorsicht mahnen. „Als diese Serie begann
tt, sagt der Gelehrte, „waren sich die Mitglieder der
Gesellschaft im Klaren über die Tragweite der Kreuzkorrespondenzen
*, und wenn sie Mrs. Piper einluden zu
kommen **) geschah es besonders, um Experimente in dieser
Bichtung zu versuchen." Es braucht nicht gesagt zu werden,,
daß jene, welche die Sitzungen mit Mrs. Piper veranstalteten
, genau wußten, was man wollte; ebenso wußten es
Mrs. Verrall und Miß Verrall, welche oft als Medium
dienten, wie auch Mrs. Holland in der letzten Periode
der Sitzungen. Wenn mau auch vermied, den Zweck der
Sitzungen vor Mrs. Piper bei deren normalem Zustand zu
erwähnen, so wurde er doch offen genannt, wenn sie im
Trance war. Ihre medianimen Persönlichkeiten wurden
beständig ermutigt, „Kreuzkorrespondenzenu mit Hilfe verschiedener
Medien zu bringen, und es wurde an dieselben
eine Botschaft addressiert (in lateinischer Sprache allerdings,
welche der Mrs. Piper unbekannt ist), wobei man besonders
aut die Bedeutung der sich „ergänzenden Korrespondenzen"
hinwies.
So erhielt man vom 15. November 1906 bis 2. Juni
1907 unter 120 Experimenten 71 Fälle von mehr oder
weniger gelungenen „Kreuzkorrespondenzenrf, welche mehrere
hundert Seiten in 33 Kapiteln in dem Berichte Mr. Pidding-
ton's füllen. „Es bedarf einer robusten Gesundheit,tt sagt
Balfour, „um die Bemerkungen des Platonischen Sokrates
über die Schriften Heraklit's, des Dunklen bis zum Ende
zu lesen."***) Es ist zu fürchten, daß viele Personen, welche
sogar den Mut zu dieser Leistung besessen haben, denselben
Eindruck von dem Berichte Piddington's empfinden.
Allein man kann letzteren kaum tadeln. Der Fehler haftet
*) Details und Quellenangabe finden sich in den „Annales d.
Sc. Ps." 1909, S. 289 ff. P.
**) Aus Amerika. P.
***) Vgl. Plato's: „Apologie des Sokrates" und Zeller: „Philosophie
der Griechen," I, S. 449 ff., wo die Lehre Heraklit's sehr
ausführlich behandelt ist. P.
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