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48 Psychische Studien. XXXVIII. Jahrg. 1. Heft. (Januar 1911.)
selben; außer ihm nahmen Teil: der Bisohof der Provinz,
zwei weitere Mitglieder des Konsistoriums, ein xVrzt, namens
Luce, und als Vertreter der Behörde, der Bürgermeister
von Ahrensburg, namens Schmidt, einer der Magistratsräte
und ein Sekretär.
Man ging nun an eine gründliche Prüfung aller Einzelheiten
. Man fand diesmal alle Sarge, mit Ausnahme
von drei, von ihrem Platz entfernt. Der eine
jener drei Särge enthielt die J reiche der Großmutter des
damaligen Familienoberhauptes, welche ungefähr fünf Jahre
tot war; die zwei anderen Särge bargen die Leichen zweier
Kinder. Die Großmutter hatte im Leben als Heilige gegolten
wegen ihrer Frömmigkeit und Wohltätigkeit. Der
erste Y erdacht, der sich von selbst aufdrängte, war, daß
Räuber eingebrochen waren, um die Särge zu plündern,
denn die Gruft einer benachbarten Kapelle war vor einiger Zelt
gewaltsam geöffnet worden und die Diebe hatten den reichen
Samt- und Goldbesatz von den Särgen geschnittten und
gestohlen. Allein die sorgfältigste Prüfung bot keine Stütze
für den Yerdacht in diesem Falle. Die Verzierung der
Särge war unberührt. Die Kommission ließ einige der
letzteren öffnen, um nachzusehen, ob .Ringe oder andere
Kostbarkeiten weggenommen waren. Man fand nichts, wa-
darauf sehließen ließ. Eine oder zwei der Leichen ^aren
fast ganz zu Staub vermodert, aber die Schmucksachen
lagen auf dem Boden der Särge. Nun kam die Kommission
auf die Idee, daß Feinde der Familie einen unterirdischen
Gang zur Gruft hergestellt hätten, um auf diese Weise zu
lärmen und sie zu ärgern. Man riß den Boden auf und
untersuchte die Fundamente der Kapelle aufs genaueste,
allein ohne Resultat. Man fand keinen geheimen Eingang
und brachte alles wieder in Ordnung. Hierauf notierte
man genau die Lage der Särge und traf alle Vorrichtungen,
um jede künftige Störung sofort zu entdecken. Die Tüien
zur Gruft, sowohl die innere wie die äußere, wurden verschlossen
und mit dem Siegel des Konsistoriums, wie mit
jenem des Stadtmagistrates versehen. Auf den Boden
streute man feine Holzasche, ebenso auf die Stufen der
Treppe und sogar auf den Boden der Kapelle selbst. Endlich
ließ man letztere drei Tage und Nächte durch ausgewählte
Leute der Garnison bewachen, um jedermann^
Annäherung zu verhindern. Nach drei Tagen kehrte die
Kommission zurück, um nachzusehen. Die Türen wurden
verschlossen gefunden, die Siegel waren unverletzt. Die
Aschendecke war unberührt; weder in der Kapelle, noch
in der Gruft waren Fußtritte, sei es von Mensch oder Tier.
Inst, f Grenzgeb.
der Psychologie
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