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62 Psychische Studien. XXXVIII. Jahrg. 1. Heft. (Januar 1911.)
stimmt um diese Aufgabe nicht zu beneiden, aber sie haben
diese Aufgabe. Hier handelt es sich nicht mehr um Steck-
nadelnsuehen und ähnliche Scherze, sondern anscheinend
um rätselhafte psychologische Vorgänge, um ganz etwas
Xeues, die Ausführung unausgesprochener Aufträge, deren
Übertragung auf einem völlig unbekannten Wege erfolgt.
Es ist also möglich, daß sich in unserem Innenleben und
unseren Ideen ein Fremder einschaltet. Ein kluger Herr,
der in einem hiesigen Großbetrieb lediglich für Ldeen engagiert
ist, verließ denn auch in jäher Fiucht, als er diese
Möglichkeit erkannte, das Haus dieses unerhörten Fünfuhrspuks
. t.fc
Kurze Notizen.
ä) Aufruf der „Union eclectique universalis
te* in Paris (Oonf^deration eneyelop£dique des spiri-
tualistes et des mat£rialistes dans Punit£ de la veritr;
Acad£mie sociale des seiences integrales). I)ie französische
„Soei£t£ Uni versalist e auf welche wir die Aufmerksamkeit
der deutschen Leserschaft schon wiederholt gelenkt haben,
* ist eine Ideenbewegung zur "V ereinigung edler Bestrebungen
und tüchtiger Kräfte zwecks Organisation des sozialen
Friedens, eine Verbündung freier Denker und aufrichtiger
Gläubigen behufs des allgemeinen Fortsehrittes, ein Mittelpunkt
von Beziehungen zum Kampf gegen intellektuelles,
moralisches und materielles Elend durch die Assoziation
von Kapital, Arbeit und Talent; sie ist eine Art geistigen
Schiedsgerichts zwecks einer allgemeinen Gedanken Verbrüderung
. Das moderne Geistesleben ermangelt der
einheitlichen Leitung, der beherrschenden Idee; es zersplittert
sich ins Unendliche. Man lebt in den Tag hinein,
ohne den tieferen Grund seiner Existenz zu suchen; das
Wesen kennt seine Bestimmung nicht. Ein bewußter Fortschritt
zum Glück kann aber nur durch Kenntnis der
Gesetze der natürlichen Bestimmung gewonnen werden.
Allein auch die Naturwissenschaften vernachlässigen den
zusammenfassenden Begriff des Gesamtlebens. Andererseits
widersprechen sich die verschiedenen philosophischen Systeme;
die Jleligionen verlieren immer mehr ihren Einfluß, die
Kunst ist verfallen („d^eadent"), die soziale (Ökonomie
chaotisch. Man fühlt allgemein das Bedürfnis einer geistigen
Wiedergeburt („renaissance"), einer Erneuerung. Das ist
die Mission des XX. Jahrhunderts! Die moderne Gesellschaft
sucht voll Unruhe und nervöser Hast ein neues
Ideal, das ihr über die letzten Fragen eine Gewißheit
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