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Reichel: Meine Erlebnisse in Costa Rica.
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Mr. Echandi ist in Costa Rica geboren, spricht aber fließend
Deutsch, da er in Leipzig und München studiert hat, auch
seine Frau ist eine geborene Deutsche. Eine ehrliche Haut
mit einem reinen Kindergemüt! Er erzählte mir in fließendem
Deutsch, daß allgemein hier bekannt sei, daß dieser
angebliche „Geist" ein Dienstmädchen namens Maria
Luisa Andrade sei, das in Guadelupe, einem kleinen Vorort
von San Jose, wo auch Mr. Corralks wohnt, wohne, und
welches Ofelia zu diesem Zwecke in das Sitzungszimmer
hineingebracht, als Spirit angezogen und ihr Stoff zu einem
Kleide versprochen habe, wenn sie schweige usw. Diese
unleugbare Tatsache wüßten sehr viele Leute hier. Der
\ ater von Ofelia scheine aber damals nichts davon gewußt
zu haben, da OMia ihn weggeschickt habe mit dem Bemerken
, daß seine Fluide schädlich seien. Als ich ihm
entgegnete, der Bericht besage doch, daß alle erdenklichen
Vorsichtsmaßregeln gebraucht worden seien, z. B. Anlegung
von Siegeln an Türen und Fenstern etc., zuckte er ungläubig
die Achseln mit der Bemerkung, das sei wohl nicht geschehen!
überdies hätte Ofelia für längere Zeit verboten, irgend
jemanden diese Photographien zu zeigen und später nur
wenigen Personen sie vorgelegt. Mr. Caballero, ein Amateurphotograph
, der sie später sah, erklärte mir ohne weiteres,
daß er sofort die Echtheit dieser Photographien angezweifelt
habe. Er fügte bei, als' diese Photographien bekannter
geworden seien, hätte ein Bekannter von Mr. Aguilar diesem
erzählt, dieser angebliche Geist sei ein Ihm bekanntes
Dienstmädchen, das Mr. Aguilar dann selbst sah. Sie hätten
hierauf später mit besseren Vorsichtsmaßregeln nochmals
versucht, Photographien aufzunehmen, hätten aber schließlich
davon Abstand genommen, als sie ein schrecklich ängstliches
Rufen hörten: „Mutter, Mutter, ich will nicht Photographiert
werden." — Mich überkam ein leichtes Frösteln, als ich
das hörte; nieine- Reise schien umsonst gemacht zu sein,
doch wußte ich noch nicht alles. Ich fragte diese Herren
weiter, ob sie denn Mr. Corralfes nicht ersucht hätten, die
Cnechtheit dieser Photographien, die so viel Aufsehen in
Frankreich, England und Deutschland gemacht hätten, klarzustellen
? Beide Herren wußten nicht, daß diese angeblichen
Geisterphotographien in wissenschaftlichen Journalen
in Europa reproduziert waren, aber sie sagten mir, sie hätten
verschiedentlich Mr. Corralfes aufgefordert, ihre Unechtheit
öffentlich anzuerkennen, damit niemand über ihren Entstehungsprozeß
im Zweifel sei, sie könnten ja dann neue Versuche
machen; und so sei es bis heute geblieben. (Wir werden
gleich sehen, daß Mr. Corrales doch eine andere Erklärung
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