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Dobberkau: Eine Welt des Wahns
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Meines Erachtens ist dies ein Beweis dafür, daß jener
Zwangs-Zustand, den sie nach ihrer Ansicht nur heuchelten,
wirklich vorhanden war.
Ähnliches beobachtete ich bei Illusions - Suggestionen.
Wenn ich einem Hypnotisierten sagte, es stände sein verstorbener
Vater vor ihm, sah er mich erst ungläubig
lächelnd an, wurde dann etwas scheu, das Gesicht wurde
ernst und unter größter Gemütsbewegung sah er schließlich
seinen Vater vor sich stehen. Ich schritt nun oft auf der
Stelle umher, wo ein Verstorbener nach Angabe des Hypnotisierten
stehen sollte ; da bekam ich dann stets die
Antwort, daß er mich sehr gut sehe, etwaige Bedeckungen
meines Körpers nicht wahrnahm und doch sei für ihn der
Verstorbene als Geist immer sehr gut sichtbar geblieben.
Es kam ihm das Sonderbare und Naturwidrige dieser Beobachtung
oft zum Bewußtsein und erregte seine große Verwunderung
; trotzdem war aber der Hypnotisierte nicht imstande
, jene Illusion von sich abzuschütteln, die ich ihm
aufzwang. Dasselbe beobachtete ich auch bei Somnambulen
.
Bei ganz törichtem Illusionen beobachtete ich oft
ein Wissen um die Torheit und Unsinnigkeit der Illusion
beim Hypnotisierten; er war peinlich berührt vom Lachen
der Anwesenden, lächelte^ eigentümlich gezwungen und unwillig
mit, war aber trotz dieser leisen Auflehnung seines
Selbstbewußtseins gegen die aufgezwungene Illusion nicht
fähig, sich von ihr zu befreien. Die suggerierte Illusion
war und blieb Wirklichkeit, trotzdem daß alle Sinne gegen
sie protestierten und dies dem Hypnotisierten auch nahezu
oder ganz zum Bewußtsein kam.
Wir sehen also, daß es eine Welt des Wahns ist, in
der sich ein solcher Hypnotisierter befindet. Bei Medien
beobachtete ich Ähnliches. Ich will von mir selbst sprechen.
Es passierte mir, 'daß ich im Namen eines Verstorbenen
sprach, ihn genau beschrieb und ausführliche Mitteilungen
von ihm und über ihn gab; und doch hatte ich dabei das
unsagbar peinliche Gefühl, daß es Lüge war. Es war mir
dabei ganz erschrecklich zu Mute. Aber ieh konnte nicht
anders handeln! Obschon sich alles in mir sträubte, derartige
medianime Mitteilungen zu machen, weil ich sie für
Lügen hielt, mußte ich sie doch geben und war anfangs
immer ganz baff vor Erstaunen, wie genau jene Mitteilungen
richtig waren und in jeder Hinsicht auf den betreffenden
Verstorbenen zutrafen, von dem ich Identitäts-Beweise
geliefert hatte. Nach und nach gewöhnte ich mich an jene
Seltsamkeit und staunte nur dann noch, wenn meine „Mit-
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