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Sachs: Zur Begründung der Forschungsinstitute. 179
gewisser Phänomene der Wissenschaft wertvolle Dienste
leisten. Allerdings müßten Fachmänner von langjährigen
praktischen Erfahrungen diese Untersuchungen leiten. Tatsachen
aus der neueren Zeit lehren, daß Gelehrte, denen
es an einer so ausgedehnten Erfahrung gebricht, häufig
sich täuschen oder getäuscht werden.
Mit weitausschauendem Blick und großem Eecht sagt
Harnack in seinem oben zitierten Aufsatz, daß es „sehr
wichtig ist bei der Organisation aller dieser Forschungsstätten
, ihre Zwecke nicht von vornherein festzulegen,
sondern künftiger Entwicklung volle Freiheit zu lassen."
Und weiterhin sagt der Gelehrte: „Die Institute müssen
so angelegt sein, daß sie die verschiedensten Untersuchungen
ermöglichen . . .* Ist dies der höchst anerkennungswerte
Plan, dann wird sich auch für die Feststellung und Untersuchung
der „okkulten" Phänomene ein Platz in der neuen
Stätte der Wissenschaft finden, wo das Problem dieser
vielfach ängstlich gemiedenen Fragen einer Lösung entgegengeführt
lind ihre Behandlung, gegebenen Falles, zur
Höhe einer Disziplin erhoben werden kann. —
Die Redaktion der Berliner „Kreuz - Zeitung*, der
wir diesen bemerkenswerten Artikel entnehmen (Nr. 608
vom 29. Dezember l9i0), bemerkt dazu sehr richtig:
„Wir halten diese Anregung für hoch beachtenswert und
würden uns freuen, wenn dadurch zugleich ein Baustein
für das große Forschungsunternehmen der „Kaiser-
Wilhelni - Gesellschaft zur Förderung der
Wissenschaften* geliefert würde, deren Konstituierung
nach der Meldung im gestrigen Abendblatte in der ersten
Hälfte des Januar erfolgen soll. Das Zurückbleiben Deutschlands
auf dem besprochenen Gebiete wissenschaftlicher
Forschung erklärt sich einmal dadurch, daß die unter dem
Namen „Okkultismus* zusammengefaßten Vorgänge weder
in tatsächlicher Hinsicht, noch hinsichtlich der Erklärungsgründe
genügend durchforscht sind, um für die Universitäten,
deren Hauptzweck doch in der Lehraufgabe liegt, als
Lehrgegenstand berücksichtigt werden zu können, und
daß dadurch ganz von selbst auch die Forschung mehr in
den Hintergrund tritt. Ferner aber wirkt die überkommene
Teilung in Fakultäten nicht förderlich auf dieses den
„Grenzgebieten* angehörende Forschungsproblem, das ebenso,
sehr die Naturwissenschaften einschließlich der Physiologie
wie die Psychologie berührt. Zur Ausfüllung dieser Lücke
scheint uns das neue Forschungsinstitut umsomehr geeignet,
als nach den in Deutschland herrschenden wissenschaftlichen
Anschauungen und bei der von dem Herrn Verfasser hervor-
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