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188 Psychische Studien. XXXVIII. Jahrg. 3. Heft. (März 1911.)
dental-Photographie" hat nach einer Mitteilung
des französischen Journals „Le Progres* unter Vorsitz von
Dr. Foveau de Courmelles den ersten Ehrenpreis von
1000 frs. erfreulicherweise dem um die metapsychische
Forschung hochverdienten polnischen Professor £>r. Julian
Ochorowicz für seine (unseren Lesern bekannten) vieljährigen
Experimente über starre Strahlen und XX-Strahlen,
speziell für die mit seinem Medium Mlle. Tomczyk erzielten
Photographien unberührter, von diesem fernwirkend
in der Luft gehaltener Gegenstände nach einstimmigem
Beschluß des Komitees zuerkannt.
d) „über Wahrheit und Irrtum in der
Mathematik sprach am 19. Jan. er. zu Tübingen in
seiner akademischen Antrittsrede der außerordentliche Professor
in der naturwissenschaftlichen Fakultät, Dr. Perron.
Der Laie, auch wo er über den Wert der Mathematik
skeptisch denkt, gesteht ihr doch ohne weiteres die unbedingte
Wahrheit und Folgerichtigkeit ihrer Ergebnisse
zu. Dieses Vorurteil läßt sich nicht halten, angesichts der
Geschichte der Mathematik, deren größte Entdeckungen oft
mit falscher Begründung aufgetreten sind. Unter den
Fehlerquellen ist, von den simplen Rechenfehlern abgesehen,
vor allem die Sprache zu nennen, die, als Mittel der Formulierung
gebraucht, zu falschen Verallgemeinerungen, zur
Mehrdeutigkeit von Sätzen und Definitionen Anlaß gibt.
Ferner die Neigung, Nichtselbstverständliches oder gar
Unrichtiges für selbstverständlich zu halten. In solchen
Annahmen kann einerseits die logisch gleiche Struktur
zweier Fälle, andererseits der vorschnelle Entschluß auf
Anschauung führen. Rein mathematischen Begriffen dürfen
nicht empirische substituiert werden; die Anschauung versagt
bei einer Reihe mathematischer Begriffe; in anderen
Fällen erweitert sich die Möglichkeit der Anschauung erst
auf Grund logischer Operationen. Die Entdeckung ist
meist Sache der Anschauung, die Verifikation Sache der
logischen Prüfung. In der Erkenntnis dieser Fehlerquellen,
die in der Forschung eine große Rolle spielen, liegt zugleich
die Möglichkeit, sie zu vermeiden. Als Regel ergibt
sich die Forderung, den sprachlichen Ausdruck möglichst
durch den rein mathematischen zu ersetzen; sodann: die
Mathematik darf den Boden der Logik nie verlassen; als
Vordersätze eines Schlusses dürfen nur solche benützt
werden, die entweder in den Definitionen oder Voraussetzungen
ausgesprochen, oder bereits auf Grund derselben
bewiesen sind. Die Bedeutsamkeit, wie die Schwierigkeit
der Durchführung dieser Regeln zeigt das Eingehen auf
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