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212 Psychische Studien. XXXVIII. Jahrg. 4. Heft. (April 1911.)
menen hätten ja, vorausgesetzt, daß sie durch eine Anzahl
Experten auf ihre Echtheit unter Testbedingungen nachgeprüft
werden könnten, hohen wissenschaftlichen Wert,
doch verlieren sie Interesse für jeden Ethiker und Ästhetiker
, sie wirken abstoßend, wenn man sie an Ort und
Stelle prüft, überdies kann man solche Medien überall
linden und es lohnt sich nicht, deshalb eine solche Reise
zu machen. —
Am 23. Oktober fand die dritte Sitzung statt. Anwesend
waren dabei Cecil Y. Lindo, J. C. F. Hemmann,
Francisco Jimenez Nuäez, Enrique Echandi und die ganze
Familie Corrales. Mr. Lindo bat mich, dieses Mal die
Sitzung zu leiten, was ich aber nur teilweise tat. Ich versiegelte
zunächst Türen und Fenster. Mrs. Corrales spielte
dann Klavier. Um zu versuchen, wieweit OMia für den
Magnetismus empfänglich sei, legte ich ungefähr vier Minuten
meine rechte Hand auf ihren Kopf und sie fühlte
den magnetischen Einfluß sehr stark gleich einem elektrischen
Strome. Ich besitze nämlich nicht einen bannenden
Magnetismus, der leicht zur hypnotischen Einwirkung ausartet
, suggeriere grundsätzlich niemals irgend Etwas, sondern
übertrage nur Lebenskraft — als Nachhilfe in diesem Falle,
zur Ausbildung mediumistischer Fähigkeiten. Oder aber,
wenn ich jemanden heilen will, so suche ich nur den Organismus
des Kranken zu stärken, um ihn fähig zu machen,
den Krankheitsstoff auszuscheiden, außer bei Nervenkranken
, bei denen der Magnetismus nichts auszuscheiden
hat, sondern nur stärkend zu wirken hat.*)
Wer spiritistische Zirkel leiten will, sollte unbedingt
die Gesetze des Magnetismus und Somnambulismus, die
Grundlage der Psychophysiologie kennen, sonst tappt er im
Dunkeln herum. Und schon in der nächsten Sitzung passierte
etwas, was bei dieser Unkenntnis der psychophysiologischen
Gesetze hätte schlecht ablaufen können. Bevor
ich meine Hand auf den Kopf von Ofelia legte, sagte ich
zu den Anwesenden, daß ich OMia nur mehr Ruhe und
Kraft geben wolle, weil sie mir unruhig erschien. Mr.
Corrales rief mir sofort zu: „Sie machen doch Ofolia nicht
kataleptiseh?" Er hatte keine Ahnung davon, daß Magnetismus
keine kataleptischen Zustände hervorruft, sondern
solche aufhebt. Später entschuldigte er sich damit, daß er
nichts davon verstehe. Schlimm genug! Und solche Leute
schreiben dann über Phänomene, die einer anderen Er-
*) Vergl. Willy Reichel: „Der Heilmagnetismus, seine Beziehungen
zum Somnambulismus und Hypnotismusu (Berlin, 1896, bei
Hofbuchhändler Carl Siegismund).
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