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236 Psychische Studien. XXXVIII. Jahrg. 4. Heft. (April 1911.)
Ferner behauptet Parish, daß der Tatsache, daß die
von Geisteskranken wahrgenommenen Halluzinationen eine
Verdoppelung erfahren, wenn auf die Augenäpfel des
Patienten ein Druck ausgeübt wird, keine besondere Bedeutung
beizulegen sei, da auf diese Weise ein unwillkürliches
Schielen bewirkt werde. Ebensowenig finden wir ihn
geneigt, zuzugeben, daß die Vergrößerung einer halluzinatorischen
Vision durch ein Vergrößerungsglas, oder ihre
verkehrte Reflexion in einem Spiegel, oder ihre Verkleinerung
durch eine konkave Linse, oder ihre Verdoppelung
oder Ablenkung durch ein Prisma oder das Auseinanderziehen
von Punkten in Linien durch eine zylindrische Linse
etc. als ein Beweis für die Objektivität der betreffenden
Vision angesehen werden kann. Dagegen wage ich zu hoffen,
daß diejenigen, weiche mir so weit gefolgt sind, zugeben
werden, daß eine solche Beweisführung von den Tatsachen
nicht bestätigt wird, und daß sich Parish die ungeheuren
Schwierigkeiten nicht völlig vergegenwärtigt hat, welche
sich einer physiologischen Erklärung der Halluzinationen
entgegenstellen.
IL
Einige Beispiele und Erläuterungen*).
Es ist gezeigt worden, daß psychische Forscher, welche
ihre Weisungen hauptsächlich von den Physiologen zu
erhalten pflegen, eine große Vorliebe für die Haltung des
Materialismus bekunden, dessen Bestreben es ist, alle derartigen
Phänomene als trugliche Wahrnehmungen oder
Halluzinationen, welche durch eine abnorme Gehirntätigkeit
veranlaßt werden, hinwegzuerklären, und der sie keinesfalls
als die mehr oder minder unvollkommenen, aus einer andern
Daseinssphäre stammenden Kundgebungen und als eine
Folge der Wirksamkeit embryonischer Fähigkeiten betrachtet
wissen will, welche von einem utilitarischen und evolutionären
Gesichtspunkte aus als unnütz und sinnlos angesehen
werden müßten, falls diese Daseinsstnfe die einzige wäre,
denen aber die größte Bedeutung zukäme, wenn es noch
eine andere solche geben sollte.**)
*) Aus „The Annais of Psyehieal Science", Januar—März 1910.
Auch der neue Herausgeber dieser vorzüglichen Zeitschrift gab
ftiit derselben Liebenswürdigkeit, wie ihre Begründerin Mrs Laura
J. Finch, die Erlaubnis zur Uebersetzung der dortigen Originalartikel
. K.
**) Du Prel schließt aus dem Vorhandensein dieser supernormalen
Fähigkeiten auf die Existenz einer ihnen angemessenen
teistigen Welt und behauptet zugleich, daß die supernormalen
räfte und Fähigkeiten des Diesseits die normalen des Jenseits sind»
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