http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1911/0280
276 Psychische Studien. XXXVHI. Jahrg. 5. Heft. (Mai 1911.)
hemmend wirkt, wahrscheinlich weit größere Resultate
erzielt hätten. Ohne etwas von unseren Zweifeln verlauten
zu lassen, nahmen wir die Meldung scheinbar mit
großem Ernste auf, indem wir an die wirkliche oder imaginäre
Kaiserin einige gebührende Worte der Begrüßung
richteten, horchten jedoch dabei scharf nach dem Kabinette
hin. aus welchem das ununterbrochen gleichmäßige Atmen
Politik deutlich zu uns drang. Nach einer zweiten Aufforderung
Politik, auf das, was sich nun zutragen werde,
genau acht zu geben, entwickelte sich vor unseren Augen
ein wunderbares Schauspiel. In geringer Entfernung von
uns und von dem medianischen Kabinett stieg vom Fußboden
eine kleine Wolke jenes weißlich - grauen Nebels
empor, der in medianischen Sitzungen so oft gesehen wird.
Sie nahm nach und nach die Form einer kolossalen kaiserlichen
Krone an, wurde leuchtend mit scharf gezeichneten
Umrissen, und blieb auf einer Höhe von etwa 1 1j9 Meter
unbeweglich stehen, wie auf einer Basis ruhend. Alsdann
schmückte sie sich mit runden und ovalen Kugeln aus, die
kristallinisch weiß oder farbig herrlich wie Diamanten und
kostbare Steine strahlten. Wahrlich angesichts dieses
wunderbaren Phänomens wußten wir kaum, ob wir wachten
oder träumten! Die fluidische Krone verschwand nach
einigen Augenblicken und die sich wieder bildende Nebelwolke
drehte und wand sich in gar bizarrer Weise. Abermaliges
Ermahnen, acht zu geben! Eine zweite, der ersten
an Form gleiche, mit Edelsteinen reich besetzte, von einem
Kreuze überragte Krone erschien vor unseren Augen. Ich
deutete mir diese beiden Kronen, die erste als ein Symbol
der kaiserlich - königlichen österreichischen, die zweite als
ein Symbol der ungarischen Würde. „Und nun wird die
Kaiserin erscheinen", verkündete Politi aus seinem Kabinett.
Leider Sollte diese Ankündigung des letzten großen Phänomens
, dem wir gespannt entgegensahen, in eine Enttäuschung
umschlagen. Zwar entstand abermals eine Wolke
von ungewöhnlichem Glänze, und aus derselben entlud sich
ein Sprühregen von Funken, wie ein glühendes Eisen unter
den Schlägen des Hammers sie zu entsenden pflegt. Das
erwartete Phantom aber erschien nicht und Politi erklärte,
daß die zu dessen Bildung nötige Kraft fehle. Nun entspann
sich zwischen mir und der Kaiserin ein Gespräch:
sich des Sprachorgans des Mediums bedienend, teilte sie
uns mit, sie sei nach Rom gekommen, um dem damaligen
Papste Leo XIII. für sein geflissentliches Beten für ihr
Seelenheil zu danken. Zwar habe es ihr an einem medianischen
Mittel, um sich ihm zu offenbaren, gefehlt, doch
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1911/0280