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282 Psychische Studien. XXXVIII. Jahrg. 5. Heft. (Mai 1911.)
welche gemäß meiner früheren Beweisführung als objektive
ßealitäten betrachtet werden müssen, nicht allen Personen
gleichmäßig sichtbar sind, besteht in der Hypothese, daß zu
ihrer Kundgebung zwei Faktoren erforderlich sind, und
zwar erstens ein höherer oder geringerer Grad von objektiver
Materialisation — oder nach Frederick Myers von
„Ektoplasie* [„eetoplasy*], und zweitens bei dem Perzipienten
ein Zustand von Hyperästhesie des Gesichtssinnes,
welche durch psychischen Einfluß herbeigeführt zu werden
scheint. Wenn wir eine Uber weit oder geistige Welt als
bestehend voraussetzen, dann wräre es wohl denkbar, daß,
wenn immer von Seiten ihrer Bewohner angestrebt wird,
mit inkarnierten Wesen in Verbindung zu treten, eine Erhöhung
der Wahrnehmungsfähigkeit, bei den letzteren eine
Vorbedingung für die Wahrnehmbarkeit der geistigen
Kundgebung ist, besonders dann, wenn die Materialisation
nur einen minimalen Dichtigkeitsgrad erreicht; und wenn
wir ferner annehmen, daß die Willensmacht des Geistes,
der sich kundzugeben wünscht, bei dem gewünschten Perzipienten
eine temporäre (vorübergehende) Hyperästhesie des
Gesichtes oder Grehörs hervorzurufen oder herbeizuführen
vermag, ohne notwendigerweise die Sinne anderer Anwesender
zu erregen, so würde es erklärlich sein, daß die Erscheinung
nur für eine oder eventuell mehr als eine Person
, aber für keine andere sichtbar ist. Einige solche
Annahmen scheinen mir durchaus erforderlich, um mit
ein:ger Folgerichtigkeit die Unmasse von wertvollem Beweismaterial
zu erklären, das sowohl, was spontane Phänomene
supernormalen Charakters, als auch was solche anbelangt
, welche unter den mehr künstlich herbeigeführten Bedingungen
des Zirkels stattfinden oder angeblich stattfinden
, von der S. P. R. gesammelt worden ist*) Voraus-
*) Für jene Wissenschaftler, welche, wie ich bereits erwähnt,
ihr Ideal von exakter Beobachtung so hochgeschraubt haben, daß
es für Menschenwitz und Menschenkunst schier unerreichbar ist,
kommt selbstverständlich auch dieses gewiß imponierende Beweismaterial
der S. P. R. nicht in Betracht. Angesichts dieser Tatsache
muß es auch dem harmlosesten Beobachter aufdämmern, daß
jenen rigorosen Wissenschaftlern der gute Wille fehlt, Tatsachen
als Tatsachen anzuerkennen. Wie treffend passen auf jene ultrakonservativen
Forscher, welche sich für die eigentlichen Repräsentanten
der Wissenschaft halten, obschon sie gleichsam ihr
Bleigewicht bilden, das ihren Fortschritt um Jahrhunderte verzögert,
tind auf ihr ablehnendes Verhalten ienem obenerwähnten, höchst
bedeutsamen Forschungsergebnis gegenüber folgende Stellen aus
Prof. Daumer's schon öfters zitiertem Werke: „„Die Sache ist
durch eine ganze Wolke von nicht zu bezweifelnden
Thatsachen so vollständig erwiesen und bestätigt, daß
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