Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
38. Jahrgang.1911
Seite: 286
(PDF, 210 MB)
Bibliographische Information
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286 Psychische Studien. XXXVIII. Jahrg. 5. Heft. (Mai 1911.)

Abbruch zu tun gedenken. Denn diese Therapie wird in
der nächsten Zukunft sicher eine bedeutende Rolle spielen.
Es häufen sich die Vorlesungen über Willenserziehung und
Willensstärkung, die Betrachtungen über die Abhängigkeit
der Psyche vom Gehirn und somit auch die Forschung
nach dem Wesen des Gedankens. Ein nicht zu unterschätzendes
Hilfsmittel bei dieser letzteren sind die Experimente
des Gedankenübertragens. Wir haben in München
innerhalb kurzer Zeit die zwei besten Vertreter des Gedankenlesens
, Bellini und Andre Andre j^, zu sehen
Gelegenheit gehabt, das heißt Andr6 Andrej^ tritt im „Caf3
Leopold" (Benz) noch auf. Ich hätte nun keinen Grund,
das, was ich über das Gedankenlesen bei meiner Besprechung
über Bellini gesagt habe, trotz zahlreicher Zuschriften
zu modifizieren oder weiter'auszubauen, wenn nicht der
Unterschied zwischen dem liebenswürdigen Russen und dem

Geister"" (etwas Oberflächlicheres als einen Aufgeklärten vermag
ich mir bei bestem Willen nicht vorzustellenI) glauben, eine Verherrlichung
des Aberglaubens ist, sondern vielmehr eine gegen
den Aberglauben gerichtete Tragödie des Aberglaubens." Zu
einer solchen hat man das Stück Raupach's in der Tat zugestutzt,
daher ist auch in der Kritik der liberalen „Tagespost" von einer
tragischen Schuld die Rede, welche der sonst grundehrliche Konrad
durch Aberglauben (also in diesem Falle durch den Glauben an das
^zweite Gesicht", den er mit den hervorragendsten Denkern und
Dichtern teilt) auf sich lädt. — Das also sind die Früchte der „freiheitlichen
Intentionen" einer vielgepriesenen Aufklärung, daß man
nicht nur die Meinung Andersdenkender nicht achtet, sondern auch
nicht davor zurückschreckt, die Freiheit des Dichters und der
Bühne anzutasten! Eine Zensur der Aufklärung, die sich im Prin-
zipe von der einstmals geübten jesuitischen in nichts unterscheidet!
Und das ist die Gesinnung von Nachkommen der alten Germanen,
die, umrauscht von ihren Eichenwäldern, andachtsvoll den Offenbarungen
ihrer Barden und Seherinnen lauschten! Ich denke*
stünden sie heute wieder auf, sie würden wenig Wohlgefallen an
einem Geschlechte finden, das in eitler Selbstvergötterung den geheimnisvollen
Born mißachtet, aus dem die tiefsten Wahrheiten
fließen. Ein Shakespeare bedarf keiner Kommentare, sonst hätte er
sie selbst gegeben; er hat es aber nicht getan, weil er sich seines
unterbewußten Schaffens offenbar bewußt war und gewußt hat, daß
der reflektierende Verstand an die Weisheit der subliminalen
Region nicht hinanreicht. Auch hat man zu seiner Zeit die Freiheit
des Denkens so weit geachtet, um es jedem Zuschauer selbst
zu überlassen, sich seine eigene Meinung über die Geistererscheinungen
zu bilden, ohne ihm durch aufdringliche salbungsvolle
Lehren den Genuß des Kunstwerkes zu vergällen. Bei Erwägung
der ganz unglaublichen Geisterscheu der Aufgeklärten kam mir die
Frage in den Sinn, die sich Hamlet gelegentlich des Erscheinens
von seines Vaters Geiste stellt:

«,Was bedeutet's, daß wir Narren der Natur
so furchtbar schlittern müssen vor Gedanken,
Di? über unsers Geistes Grenze reichen?H

(Shakespeare ^Hamlet" I, 4 Sc.) K.


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