Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
38. Jahrgang.1911
Seite: 287
(PDF, 210 MB)
Bibliographische Information
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Gedankenleser in München.

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hypernervöseii, zuweilen gegen das Publikum direkt ruppigen
Italiener zu augenfällig wäre. Das Können der beiden
dürfte auf gleicher Höhe stehen. Aber die Art und Weise,
wie es gemacht wird, ist bei beiden recht verschieden,
Bellini umgibt sich mit einem Air des Unnahbaren und
Mystischen. Sein eigener nervöser Zustand mit starkem
Einschlag ins Hysterische verleitet ihn vielleicht zu einem
Gebahren, das zuweilen theatralischer ist, als sein Zustand
es verlangt. Andrej 6 versetzt sich nicht in den Zustand
der Trance, bleibt immer liebenswürdig, höflich und ist zuweilen
sogar humoristisch. Infolgedessen hat das Publikum
mehr Genuß von seinen Vorführungen, während sensible
Personen bei ßellini selbst nervös wurden. Erfreulich ist
die Ehrlichkeit, mit der Andrej^ von seiner erstaunlichen
Kunst spricht. Ich hätte nur von ihm am wenigsten gerne
den Satz gehöit: „Gedankenübertragung gibt es nicht*
Er beweist ja selbst das Gegenteil. Er sagt ganz offen,
seine Kunst setze sich zusammen aus Beobachtungsgabe,
logischen Schlüssen und aus einem ihm selbst unerklärlichen
Zwang, das oder jenes tun zu müssen. Andrejs fügt noch
hinzu, daß auch, was wir Instinkt nennen, dabei mithelfe.
Der Kusse scheint sich somit über sich selbst nicht im
Klaren zu sein, denn instinktiv holt man nicht ein Schachbrett
aus der entferntesten Gegend des Saales, das ist unfehlbar
Gedankenübertragung. Daß man, wenn man das
Schachbrett einmal hat, dieses öffnet und Figuren aufstellt,
mag wohl logische Kombination sein. Daß man aber drei
bestimmte, vom Medium gewünschte Züge tut, ist weder
Logik, noch Beobachtungsgabe, noch Instinkt, sondern
wieder Gedankenübertragung. Also widerlegt
sich Andrej^. Der Gedankenleser läßt sich auch nicht bei
der Hand nehmen, bezw. er nimmt das Medium nicht bei
der Hand, wie Beliini, sondern verbindet sich mit ihm
durch eine Kette.* Infolge seiner großen Sensibilität arbeitet
Bellini mit Damen vielleicht etwas sicherer als Andreie,
dem aber zum Schlüsse auch jedes gewünschte Experiment
gelingt, vielfach ohne von der Dame berührt zu werden
oder ohne mit der Dame durch eine Kette verbunden
zu sein.

Jedenfalls ist ein Abend bei Andreje außerordentlich
interessant und anregend und wäre nur zu wünschen, daß
das Publikum die Vorführungen weniger humoristisch, als
wissenschaftlich auffaßt, und sich originellere Experimente
ausdenkt. Vielleicht verlange ich auch zu viel, denn an
dem Tag, an dem nur Ärzte, Pressevertreter und ihre Angehörigen
anwesend waren, hörte ich eine Dame, nach deren


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