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312 Psychische Studien. XXXVIII. Jahrg. 5. Heft. (Mai 1911.)
Stoffe als zerlegbar erkannt wurden, „kein bisher giltiges
Naturgesetz mit einem Schlage umgeworfen worden ist.44
Selbstverständlich gebe ich das zu. Wo aber habe ich
denn eine so törichte Behauptung aufgestellt? Ich weiß
daher nicht, was Herr Dr. F. R. damit sagen will. Er
meint ferner, daß unser Urteil über die Alchymisten nach
wie vor dahin gehen würde, „daß sie auf Grund vorgefaßter
, aber nicht auf Beobachtung beruhender Anschauungen
der Natur mit Hebeln und mit Schrauben ein Geheimnis
abzwingen wollten, das Natui nur dem Forscher
offenbaren mag, der systematisch auf den durch Beobachtung
der Naturvorgänge festgestellten Tatsachen weiterbaut
.44 Sehr schön! Aber auch die Anleihe bei Goethe
vermag nichts an der Tatsache zu ändern, daß wir uns
heute noch in derselben Richtung bemühen, in der sich bereits
die alten Alchymisten bemühten > bei ihnen also von
einem Aberglauben gar keine Rede sein kann. Die
Änderung der wissenschaftlichen Methoden ist doch gewiß
nicht von prinzipieller Bedeutung!
In Bezug auf die Wünschelrute meint mein
Gegner: „Erst wenn dieses Moment" — der subjektive
Einfluß des Trägers nämlich — ausgeschaltet wird, „kann
von einer wissenschaftlichen Behandlung die Rede sein."
Daß der persönliche Einfluß des Trägers hier von Bedeutung
ist, hatte ich in meinem Aufsatze schon ausgesprochen
. Aber warum soll denn dieser Einfluß nicht
auch wissenschaftlich untersucht, das heißt in exakter
Weise experimentell festgestellt werden können? Ist die
Natur des Menschen nicht auch Gegenstand wissenschaftlicher
Untersuchung? Wo bleibt denn sonst die ganze
Psychologie? Weiß Herr Dr. F. R. nicht, daß sogar in der
exaktesten aller Naturwissenschaften, in der Astronomie,
die Natur des Beobachters bei jeder Beobachtung in Form
der „persönlichen Gleichung" berücksichtigt werden muß ?
Ist deswegen bei der Astronomie von keiner „wissenschaftlichen
Behandlung die Rede?44 Daß das Problem der
Wünschelrute bisher noch nicht exakt untersucht worden
ist, weiß und bedauere ich. Es sollte eben geschehen!
Erst wenn sich dann zeigen würde, daß die von den Vertretern
der Sache (zu denen ich gar nicht gehöre) behaupteten
Ausschläge unter keinen Umständen und bei
keinemTräger eintreten, könnte man die ganze Sache
als abgetan und dem Gebiete des Aberglaubens zugehörig
betrachten. —
Zu dem von mir angeführten Beispiele der Telepathie
macht Herr Dr. F. R. eine Bemerkung über eine
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