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Meisel: Allgemeine Bildung und Aberglaube. 313
von mir als möglich hingestellte „Hypothese* der „Geberseele
" und „Empfängerseelea. Wie kann man denn das
nur als „Hypothese" bezeichnen! Worte, Namen machen
noch keine Hypothese aus. Ich habe nur gesagt, daß man
eine Gruppe von Erscheinungen, die noch nicht genügend
bekannt sind, meist aus diesem Grunde dem Aberglauben
zurechnen darf. Und dabei bleibe ich. . Die Naturgesetze,
von denen Herr Dr. F. R. bei jeder Gelegenheit spricht,
ergeben sich ja eben erst durcn genaue Untersuchungen
aus der Erfahrung. Vermeintliche Gesetze, die diesen
Erfahrungen widerstreiten, müssen eben fallen.
Schließlich meint mein Kritiker, daß ich, um zu zeigen,
wie gering die positiven Kenntnisse unserer Gebildeten auf
dem Gebiete der Physik sind, nicht ein so kompliziertes
Problem, wie es die Entstehung des Regenbogens ist, hätte
heranzuziehen brauchen. Da hat er vielleicht recht. Ein
einfaches Beispiel hätte es am Ende auch getan. Also —
wenn es dei\n sein muß — in diesem Falle: pater peccavil
Das gewählte Beispiel lag mir aber nahe, da ich mit Leib
und Seele Optiker bin. Außerdem wird wohl Herr Dr. F.
R. zugeben, daß beim Regenbogen der Unterschied zwischen
der wissenschaftlich richtigen Erklärung und der gewöhnlich
als „Erklärung" ausgegebenen Redensart viel größer
ist, als beispielsweise« beim Barometer. Und gerade auf
diesen Unterschied kam es mir an. —
In seinen Schlußworten spricht dann Herr Dr. F. R.
noch mancherlei über Naturgesetze und Aberglauben, was
sich im wesentlichen mit meinen Ausführungen vollständig
deckt. Wenn er aber meint, daß der Gebildete niemals
eine neue, überraschende Tatsache für unmöglich halten
wird, „nur weil sie der bis dahin beobachteten Gesetzmäßigkeit
der Erscheinungen zu widersprechen scheint," so ist er
«*ehr im Irrtun}. Ganz im Gegenteil! Jede neue Erscheinung
— ich erinnere nochmals an den Hypnotismus
und an die Aerolithen! — wird zuerst von der großen
Menge der Gebildeten und leider auch oft von der offiziellen
Wissenschaft als unmöglich und undenkbar bezeichnet
, wenn sie sich der überkommenen Schul Wissenschaft
nicht einfügt. Dagegen waren meine Ausführungen gerichtet
. Sie wollten zeigen, daß die Grenze zwischen
wissenschaftlicher Erkenntnis und Aberglauben fließt,
und daß daher der Hochmut der „Gebildeten" den Leuten
gegenüber, die etwas dem Besitzstande der Wissenschaft
noch nicht Einverleibtes für richtig halten, nicht immer am
Platze ist." — Es ist für den metapsychischen Forscher
Ii och erfreulich, nun allmählich auch in Deutschland Ver-
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