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v. Sehnehen: Naturwissenschaft, Seelenlehre und Metaphysik. 361
sein: also gewissermaßen losgelöst aus ihrem Zusammenhange
. In der Psychologie aber kommt es gerade auf das
Verhältnis eines Elementes zu der Gesamtheit der mit ihm
in einem Bewußtsein verbundenen an. Und wir können
demnach mit J o d 1 sagen: die Psychologie ist die Wissenschaft
von den Formen und Naturgesetzen des normalen
Verlaufs der Bewußtseinserscheinungen (S. 95). Dagegen
ist es ganz verkehrt, wenn man Psychologie und Naturwissenschaft
als die Lehre von den psychischen und die
Lehre von den physischen Erscheinungen zu einander in
Gegensatz bringt (S. 94). Denn auch die Naturwissenschaft
hat es immer nur mit psychischen Tatsachen, mit Erlebnissen
des Bewußtseins zu tun, weil uns nur solche zugänglich
sind (S. 94; 41). Die vermeintlichen physischen Tatsachen
aber sind im besten Falle eine hypothetische
Konstruktion (S. 94—95; 22). Die hinter den Erscheinungen
liegenden Dinge, die, wie man sagt, unsere Empfindungen
hervorrufen, sind uns nicht gegeben, sondern stellen
ein bloßes Gebilde unserer Phantasie dar (S. 145). Sie
sind ein unerkennbar X, das wir nicht fassen können und
auch nicht brauchen. Denn unser Interesse ist durchaus
auf den Kreis unserer möglichen Erfahrungen, d. h. unserer
Bewußtseinselemente beschränkt (S. 145). Mich geht nur
das an, was ich erfahre; mein Leben beschränkt sich auf
den Umkreis meines Bewußtseins. Und nichts, was außerhalb
desselben liegt, kann für mich eine Bedeutung beanspruchen
(S. 143). Denn es ist für mich doch unerkennbar
(S. 18). Ja, schon der Begriff eines „Dinges an sich* ist
im Grunde unhaltbar (S. 7). Denn von etwas reden, was
nie Gegenstand meines Bewußtseins werden kann, ist ganz
und gar sinnlos (S. 40). Und jedenfalls hat es unsere Erkenntnis
nur mit möglichen Inhalten des Bewußtseins zu
tun (S. 41). Mag die Philosophie sich mit solchen fiktiven,
durch die Erfahrung nicht nachweisbaren Elementen befassen
(S. 15; 139): die exakte Wissenschaft hat mit solchen
müssigen, hypothetischen Gebilden nichts zu tun (S. 15):
sie verzichtet auf jede absolute oder unbedingte Erkenntnis
(S. 6), nimmt ihre Bausteine nur aus den uns bekannten
Elementen des Bewußtseins (S. 39) und schließt alles aus,
was nicht durch die unmittelbare Erfahrung des Bewußtheins
selbst geprüft werden kann (S. 15; 122).
So glaubt Kleinpeter in Ubereinstimmung mit
Ernst Mach die Möglichkeit einer „phänomenalistischen
Physik" (S. 122) oder reinen Erfahrungswissenschaft erwiesen
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