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Kaindl: Die physiologischen Grenzen der Gesichtshalluzination. 369
beiden Richtungen bemerkbar machen, und es ist nur die
Minderheit, welche sich eine Freiheit des Geistes zu bewahren
vermag.
Ein gutes Beispiel, um die Wirkung einer Neigung
zum Unglauben zu illustrieren, liefert uns Sir David
Brewster, der in einem unmittelbar nach einer mit dem
Medium D. D. Home abgehaltenen S6ance, bei welcher er
zugegen war, geschriebenen Privatbriefe von wunderbaren
Erscheinungen berichtet, die, wie er mit Emphase behauptet,
von keinerlei Mechanismus hervorgebracht worden sein
konnten. Wenige Monate später schrieb er einen Brief an
den „Morning Advertiser", worin er sich unter anderem
in Bezug auf dieselbe S£ance, wie folgt, äußert: „Ich sah
genug, um mich zu überzeugen, daß alle Phänomene mit
Händen und Füßen hervorgebracht werden konnten." Auf
diese Weise waren seinem Gedächtnisse in der Zwischenzeit
gewisse Eigentümlichkeiten der Phänomene, welche für
ihre Echtheit sprachen, entschwanden, während sich andere
Merkmale, die an Betrug denken ließen, sich in seiner Erinnerung
behauptet und verstärkt hatten.
Ein vortreffliches Beispiel vor einer solchen Voreingenommenheit
kann aus Everard Fielding's: „Anmerkung
zur dritten S6anee mit Eusapia Paladino* angeführt
werden. („Proceedings der S. P. R.Ä, Vol. XXIII,
S. 396.) „Das Medium war gerade vorher bei dem wohlbekannten
Trick / zwei Hände durch eine zu markieren,
ertappt worden; infolgedessen empfanden wir in dieser
Söanee eine gewisse Befriedigung in dieser Tatsache . . . .
und wir betrachteten alle folgenden Vorfälle durch die
Atmosphäre des Argwohns, den diese Entdeckung in uns
bestärkt hatte. Die Folge war, daß wir nicht nur gewisse,
möglicherweise ganz harmlose Handlungen zu Taten des
Betruges stempelten, sondern daß wir auch andere interessante
und tätsächlich unerklärliche Phänomene vollkommen
aus dem Gedächtnisse verloren." Ferner bemerkt
Mr. Fielding auf S. 417: „Anstatt daß bei uns in der Erinnerung
das Wunderbare eine Steigerung erfahren hätte,
genügte der geringste ungünstige Umstand, um die Erinnerung
daran völlig zu verwischen. Eine weitere bestätigende
Erklärung von Mr. Carrington findet sich auf S. 555,
wo er sagt: „Die von Mr. Fielding erwähnte merkwürdige
Tatsache, daß die Vorkommnisse unserem Bewußtsein zu
entschwinden schienen und daß wir bei jedem Vorfall in
unseren früheren Skeptizismus zurückverfielen, wrurde von
uns allen beobachtet.* —
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