http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1911/0375
v. Klinckowstroem: Noch einmal Gedankenübertragung. 871
sind! Da würde kein Tasten helfen; und das tastende
Suchen — „Punktieren" nennt es Andreje — ist ja bei
diesen Versuchen das Charakteristikum. Die Lösung der
gestellten Aufgabe dauert je nach Temperament des Agenten
länger oder weniger lange. Beim Phlegmatiker sind die
ideomotorischen Bewegungen am wenigsten ausgiebig; er
eignet sich also nicht zu den Experimenten. Kurz, wir
haben es bei allen diesen Versuchen vor einem größeren
Publikum lediglich mit einem weiter ausgebildeten „Cumber-
landismus" zu tun. Ich will aber nicht leugnen, daß auch
echte Gedankenübertragung zum Gelingen der Experimente
beitragen kann. Wissenschaftlich sind aber derartige grobe
Versuche wertlos. Andreje scheint z. B. vor der „Psychologischen
Gesellschaft" in der Tat bewiesen zu haben, daß
er auch der echten Ubermittelung zugänglich ist. Ich
hatte Gelegenheit, mit einem Arzte zu sprechen, der bei
dieser Prüfung Andrejs zugegen war, und der mir das
bestätigte, was der Bericht in den „ Münchner Neuesten
Nachrichten^ nur mit großer Zurückhaltung zum Ausdruck
brachte. —
München, 7. Mai 1911.
Graf Carl v. Klinckowstroem.
Von Herrn Dr. W. Bor mann erhielten wir zur gleichen
Angelegenheit, dat. München, 9. V. 1911, noch folgende Zuschrift
: „S. g. H. Prof.! Da Sie die knappen Zeilen meiner Postkarte
zum Abdruck brachten, gestatten Sie mir freundlichst
nochEiniges nachzutragen, zu deren Verdeutlichung wie zur Ergänzung
meines Gutachtens im Aprilheft. Nach der Meinung
der Herren auf S. 249—250 müßte eine verwickelte Aufgabe
dem „Gedankenleser* stets leichter fallen, als die einfachste
z. B. das bloße Suchen eines versteckten Gegenstandes
(Cumberlandismüs) wäre leichter als die Ausführung von
einem Dutzend Handlungen hintereinander, die mit krausester
Erfindungsgabe des Auftragstellers ganz willkürlich ohne
innerlichen Folgegang verkettet sind. Die „ Hilfentf ideo-
motorischer Merkmale gebe ich ja zu, und man kann auch
meinen, daß die Gelegenheit zu ihnen bei zusammengesetzten
Aufgaben, bei denen sich eine Handlung mit natürlicher
Leichtigkeit aus der anderen ergibt, sich manchmal
besser, weil mannigfaltiger, darbiete, als bei einfachen. Indes
, wo dieser natürlich leichte Folgegang der Handlungen
fehlt und sie zum Teil in so ausgesuchter Schwierigkeit zusammengewürfelt
sind, wie hier in so manchen Fällen, da werden
die unwillkürlichen ideomotorischen Zeichen fast nichts
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1911/0375