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406 Psychische Studien. XXXVIII. Jahrg. 7. Heft. (Juli 1911.)
aus und wirkt so stark rückläufig auf die Sinnes-Zentren
ein, daß er * sieh als sinnliche Wahrnehmung darstellt.
Halluzinationen sind nur sehr verstärkte Traum-Tätigkeit,
die bei gleichzeitigem Wachbewußtsein auftreten. Man
kann sie daher mit Du Pre 1 auch als dramatisierte
Wachträume bezeichnen.
Diese Sachlage ist die des Mechanismus, der in
solchen Fällen tätig ist. Dies ist nicht erst eine Erkenntnis
der physiologischen Psychologie; sie findet sich vielmehr
bereits bei Kant, bei Fechner und bei vielen älteren.
Dadurch ist aber nichts entschieden darüber, ob in einem
gegebenen Falle eine Einwirkung eines Verstorbenen stattgefunden
hat oder nicht. Es fragt sich nämlich: woher
rührt in dem gegebenen Falle die primäre Anregung
des Wahrnehmungs-Zentrums? Konnte
sie durch ein direktes Hellsehen rein physischer Verhältnisse
verursacht sein ? Oder erforderte sie die psychische
Mitwirkung (Telergie) eines Verstorbenen ?
Du P r e 1 nun, wie Kiesewetter oder wie sonst
irgend jemand, der hier in Betracht kommen kann, hat
nie die Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit Swedenborg
^ bezweifelt. Alle Nachrichten von Swedenborg
^ Bekannten bezeugen einstimmig, daß ihm jegliche
Verschleierung und Unwahrhaftigkeit durchaus unmöglich
war. Auf dieser Grundlage ist aber dann jeglicher Zweifel
über den Charakter der Erlebnisse Swedenborg's ausgeschlossen
, wenn es andererseits feststeht oder zugestanden
wird, daß beides, Hellsehen und Mitteilung Verstorbener, möglich
ist, und daß auch Swedenborg für beide Möglichkeiten
tatsächlich B e w eise gegeben hat. Für denjenigen
aber, der mit den Tatsachen der exakten psychischen Forschung
vertraut ist, kann beides keinem Zweifel unterliegen.
Es ist richtig, was Du Pre 1 betont, daß Psychiker
durch Autosuggestion hellsehend rein physische Tatsachen
wahrnehmen können. Es ist aber ebenso wahr,
daß sie andrerseits auch autosuggestiv den Willen ihrer
Wahrnehmung auf die Persönlichkeit des Verstorbenen
richten können. Ob das eine oder andere
geschieht, hängt davon ab, worauf der Seher seinen
Willen richtet. Ob ihnen dies im einen wie im andern
Falle glückt, kann sich allein aus sdem Erfolg ergeben.
Setzt er sich so in den Besitz der Kenntnis von Tatsachen,
die kein Lebender mehr wußte oder wissen konnte,
so ist damit sicher festgestellt, daß entweder Hellsehen
oder ein Verkehr mit dem betreffenden Verstorbenen,
der die Tatsache wußte, stattgefunden haben muß.
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