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Bübbe-Schleiden: Swedenborg^ Seherschaft.
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Subjektive und objektive psychische Gebilde.
Zum Schlüsse sind hier noch zwei Irrtümer richtig
zu stellen. Dadurch wird viel für das sachliche Verständnis
solcher Vorgänge gewonnen. Der eine Irrtum
findet sich bei Du Pre 1 und der andere bei Kiese-
w e 11 e r.
Du Prel meint in dem erwähnten, nachgelassenen
Aufsatz wiederholt (s. „Tatsachen und Probleme", S. 269 ff.),
ein ausgebildeter Seher wie Swedenborg, müsse sich
die Kenntnis jeder Tatsache und die Vision jedes Verstorbenen
selbst suggerieren können. Nun mag es wohl
Menschen geben, die so autosuggestibel sind, daß sie sich
jede Halluzination, die sie nur wünschen, vorspiegeln
können. Das sind aber gerade keine Seher, sondern
urteilslos sich selbst täuschende Sensitive. Um sich wirklich
mit einem Verstorbenen in Verbindung zu setzen,
bedarf der Seher einer psychisch konsonanten
Harmonie mit ihm; er kann dies weitgehend erzwingen,
wenn er sich mit ihm durch irgend etwas in Verbindung
setzt, was dem Verstorbenen physisch eigen war. Er hält
z. B. einen Gegenstand an seine Stirn, den der Verstorbene
gebraucht hatte. Dies aber ist nur eine niedere Verwendung
solcher Fähigkeit, wozu sich Swedenborg nie hergab.
Bei einer viel höheren, sehr hohen Stufe des Hellsehens
, die wahrscheinlich Swedenborg erreicht hatte,
vermag jedoch der Seher zweifellos zu unterscheiden
zwischen Halluzinationen seiner eigenen, schaffenden Einbildungskraft
und allen Ursachen, Persönlichkeiten oder
Vorgängen, durch die in ihm die psychischen Wahrnehmungen
veranlaßt werden. Uber die Art, wie Swedenborg
seine Verbindung mit Verstorbenen zuließ, liegen
uns hinreichend Aussagen vor.
Das Erfordernis psychischer Konsonanz.
Der dänische General Christian Tuxen berichtet
in einem Schreiben an Augustus Nordenskiöld
aus Helsingör am 4. Mai 1790,*) daß er Swedenborg
auf dessen Durchreise dort ausgefragt habe. Bei dieser
Gelegenheit sagte Swedenborg: „Ich kann nicht mit
allen Verstorbenen umgehen, sondern nur mit solchen,
die ich in diesem Leben gekannt habe, mit allen königlichen
und fürstlichen Personen, mit allen großen und ge-
*) Dieser Brief ist abgedruckt in „The New Jerusalems
Magazine4', London 1790, S. 257 ff. und in TafePs
„Sammlung n\" II, S. 29 ff.
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