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411 Psychische Studien. XXXVIII. Jahrg. 7. Heft. (Juli 1911.)
dieser Fürsorge für den Toten war es der Phantasie der
ägyptischen Künstler schließlich möglich, alle Gegenstände,
deren der Tote bedurfte, von ihrem ersten Entstehen ab
und in ihrer stufenweisen Herstellung zu schildern, und wir
begreifen erst so, warum die Wände dieser Grabkammern
zum bunten Abbilde alJer menschlichen Tätigkeiten und
Fertigkeiten werden konnten.
Der Ka aber, der durch die Scheintür hereintritt,
sieht sich selbst zu Tische sitzen, sieht sich umgeben von
tausendfachen Vorräten, sieht Diener und Aufseher um sein
Wohl bemüht — und ist beruhigt: es wird ihm immer vorzüglich
ergehen! —
Die übrigen Bilder unserer Kammer weisen auf den
großen Besitz des Verstorbenen, dessen Verwaltung ein
zahlreiches Beamtenpersonal, Buchführung und Schreiberarbeit
erforderte. Schon im 4. Jahrtausend war eine kursive
Geschäftsschrift ausgebildet. Bruchstücke von Wirtschaftsbüchern
sind gefunden. Wie hoch die Kunst des
Schreibens, die den Gebildeten vom weiten Kreis der Ungebildeten
schied, schon im alten Reiche stand, zeigen die
berühmten Schreiberstatuen, die die Namen von hohen
Reichsbeamten tragen. — In das Bureau Sescbem-nufer's gibt
uns der oberste Fries der Ostwand Einblick. Hinter dem
Bureauvorstand steht eine Reihe von Schreibern; die einen
schreiben — am Gürtel hängt das Futteral für das Schreibzeug
oder die Palette mit den beiden kreisrunden Näpfen
für rote und schwarze Tinte, — andere reichen die fertigen
Papyrusrollen weiter, und rechts steht auf kleinen Füßen
der Archivkasten mit mehreren Rollenbündeln. Links von
diesen Szenen steht, dicht bei dem Grabeingang, der Grabherr
in fast lebensgroßer Gestalt, diesmal in Sandalen und
in bequemer, lässiger Haltung auf den hohen Stab gestützt,
an den, zu seinen Füßen, der kleine Sohn sich hält. Der
Schmuck Seschem - nufer's ist der gleiche, wie bei seinen
beiden anderen Bildern. An seinem in großem Dreieck
nach vorn abstehenden Hüftschurz ist die Gürtelschleife
gut zu sehen. Er trägt diesmal die etwas längere Perrücke,
die bis auf die Schultern fällt, und wieder den kleinen,
wahrscheinlich auch künstlichen Kinnbart. So sieht er dem
Heranbringen der Opfertiere zu und gibt Anweisungen an
seine Sekretäre. Jedoch fällt vielleicht auf diese letztere
Szene in diesem Falle einmal ein besonderes Licht durch
ein anderes Fundstück der Mastaba, das darum hier eingeschaltet
sei.
5. Aus einem Nebenraum stammt nämlich die gleich
beim Eingang aufgestellte Scheintür, die mit anderen, mit
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