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424 Ps> einsehe Studien. XXXVIII. Jahrg. 7. Heft. (Juli 1911)
nach Beweisen verlangen, je außerordentlicher die Tatsachen
sind und je mehr sie allem zu widersprechen scheinen, was
wir schon wissen.* So steht also Prof. Flournoy's Forseh-
ungsmethode auf zwei festen Säulen: Hamlet's Grundsatz,
das beste Gegenmittel gegen Engherzigkeit und Vorurteil,
und das Prinzip Laplaee's als unerläßlicher Schutz gegen
Leichtgläubigkeit. Beide, sagt der Gelehrte, gebieten die
Unparteilichkeit und den strengen Vernunftsehluß, ohne
welche eine wissenschaftliche Forschung, welche
diesen Namen verdient, nicht denkbar ist. Man wird
dieser Anschauung Flournoy's nur rückhaltlos beistimmen
können.______ (Forts, folgt.)
Naturwissenschaft, Seelenlehre und
Metaphysik.
Ein Beitrag zur Kritik des modernen Phänomenalismus.
Von W. von Schnellen, Freiburg i. B.
(Fortsetzung und Schluß von Seite 362.)
Die Ansicht Mach's, nach der die Empfindungen die
eigentlichen Elemente auch der physischen Welt sein sollen
(S. 22; 41), ist also ganz unhaltbar. Sie wird durch das,
was er über den Unterschied zwischen subjektiven seelischen
Innenzuständen und objektiven äußeren Natur Vorgängen
sagt, von Kleinpeter selbst widerlegt. Und das Gleiche geschieht
durch seine Bemerkungen über den Gegensatz von
formalen und realen Wissenschaften. Da nämlich
hören wir, die Wahrheit beruhe auf der Ubereinstimmung
des Denkens mit dem Sein; aber dieses Sein sei bei den
realen Wissenschaften ein selbständiges, außerhalb des Denkens
für sich bestehendes, bei den formalen Wissenschaften
hingegen ein durch das Denken selbst gesetztes, das sich
nun wieder einem zweiten Denkakte als Sein gegenüberstelle
(S. 60). Allerdings sind diese Worte von Graßmann;
aber Kleinpeter erklärt sich — bis auf die etwas abweichende
Terminologie — ausdrücklich mit ihnen einverstanden
(S. 61). Und an anderer Stelle bemerkt er selbst:
während sich die reine Geometrie als formale Wissenschaft
mit den Eigenschaften bloß erdachter Räume beschäftige,
habe die angewandte Geometrie als Hilfswissenschaft die
Aufgabe, die räumlichen Eigenschaften der wirklichen Körperwelt
zu beschreiben (S. 93). Möglich aber sei dies, wie
alle Naturerkenntnis überhaupt, nur unter der Voraussetzung
, daß zwischen Natur und Geist eine
Analogie (S. 116) oder Ubereinstimmung bestehe
(S. 10). —
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