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Kornherr: Ein Rückblick auf die tierische Elektrizität. 467
machen eine Nadel magnetisch, zersetzen chemische Verbindungen
und senden Funken aus. Um einen Schlag zu
erhalten, muß das betreffende Objekt den galvanischen
Stromkreis schließen, indem es mit dem Fische an zwei bestimmten
Punkten, entweder direkt oder mittels eines
leitenden Körpers die Verbindung herstellt. Wird bei
einem isolierten Frosche und einem Fische eine Berührung
bloß am Ende des Nerves herbeigeführt, so findet bei Entladung
der Batterie oder des elektrischen Organes keine
Muskelkontraktion statt, wohl tritt diese aber bei Verbindung
mit einem zweiten Punkte sofort ein.tt (»The
Royal Natural History.") —
Wie die vorhergehenden Beispiele zeigen, ist der
lebende Organismus fähig, elektrische Erscheinungen bis zu
einem bedeutenden Grade zu erzeugen; die Organe, von
welchen sie ausgehen, bestehen aus bestimmten Muskelgeweben
. Die ganze Funktion ähnelt sehr der Muskeltätigkeit
und steht unter der Kontrolle des Nervensystems.
Nun fragen wir aber, was diese Nervenkraft, welche
sich die Nerven entlang fortpflanzt und dadurch Muskelkontraktionen
oder die Entladung eines elektrischen Organes
etc. verursacht, wohl sein möge; doch darauf kann
uns die heutige Wissenschaft keine definitive Antwort
geben. Die Physiologefi halten dafür, daß, obwohl sie zur
Elektrizität in gewisser Beziehung steht, sie nicht Elektrizität
selbst ist, da die Schnelligkeit der Fortpflanzung des
Reizes viel zu langsam ist, um dafür gelten zu können; daß
sie aber eine Forin von Ätherschwingung ist, darin bestellt
nur wenig oder gar kein Zweifel.
„Wenn ein Nerv gereizt wird, so heißt die in ihm
hervorgerufene Veränderung ein Nervenimpuls; diese Veränderung
pflanzt sich den Nerv entlang fort und wird
offenbar in der nun folgenden Bewegung Sensation, Sekretion
. Im Nerv selbst ist nur eine sehr geringe Veränderung
wahrzunehmen. Die Struktur bleibt unverändert;
die empfindlichsten Thermosäulen zeigen keinerlei Wärnie-
entwickeiung an, ebenso sind chemische Veränderungen
unbekannt. Die einzige Veränderung, welche als Beweis
für die molekulare Veränderung im Nerven nachgewiesen
werden kann, ist die elektrische. Der gesunde Nerv ist
isoelektrisch; während des Durchganges eines Nervenimpulses
den Nerv entlang findet jedoch eine sehr rasche
diphasische Veränderung statt, welche sich mit derselben
Geschwindigkeit fortpflanzt, wie der Nervenimpuls. Sie ist
ähnlich der diphasischen Veränderung im Muskel und kann
auf dieselbe Weise nachgewiesen werden. Ein Nerven-
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