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Kornherr: Ein Bückblick auf die tierische Elektrizität. 521
Die schwache Seite dieser Beobachtungen Reiehenbach's
ist, daß er diesbezüglich größtenteils abhängig war von der
Reehtsehaffenheit seiner Sensitiven, einer Klasse von Leuten,
deren Zeugnis oft unzuverlässig war, wobei die Möglichkeit
einer hypnotischen Suggestion nicht ausgeschlossen erscheint
, welche den Versuchspersonen subjektiv Dinge erscheinen
ließ, die nicht existierten, weshalb auch niemand
im gewöhnlichen ßewußtseinszustand fähig gewesen wäre,
die Tatsächlichkeit dieser Phänomene in erster Linie durch
die Sinne zu bestätigen.*) Andererseits gewinnt der
Schluß auf ihre Glaubwürdigkeit bedeutend, wenn man betrachtet
, wie prophetisch einige von Reiehenbach's Versuchen
und Polgerungen hinsichtlich dessen waren, was
später von der modernen Wissenschaft wiederholt bekräftigt
wurde. Das diese Untersuchungen betreffende
Werk wurde im Jahre 1845 von Reichenbach veröffentlicht
und im Jahre 1850 von Dr. Gregory ins Englische übersetzt
.
In den letzteren Jahren erst ist das Interesse für den
„animalischen Magnetismus* oder mit anderen Worten für
die „ Nervenkraft * von neuem aufgelebt. Dies ist dem
großen, bedeutenden Umschwünge in der Physik zuzuschreiben
, welcher hinsichtlich des neuen Standpunktes
gegenüber der Natur der Energie und der Materie während
des letzten Viertels des 19. Jahrhunderts stattgefunden
hat. Er steht großenteils in Verbindung mit den Forschungen
von Sir William Crookes über die Eigenschaften
der strahlenden Materie, welche von ihm im Jahre 1872
begonnen wurden, und ist auch ein Ergebnis der ausgezeichneten
mathematischen Beweise Clerk Maxwell
's,**) welcher in den 60iger Jahren die erste Andeutung
über das Vorhandensein von elektrischen Wellen
machte, und welcher in späteren Jahren seine große elektromagnetische
Lichttheorie formulierte. Der experimentelle
Nachweis der ersteren wurde im Jahre 1888 von seinem
berühmten Schüler Heinrich Hertz erbracht, durch
dessen epochemachende Versuche das Mittel des Fernverkehres
mit den elektrischen Wellen entdeckt wurde; dieses
letztere hat auch bei den Gelehrten allgemein Zustimmung
gefunden.
*) Reichenbaeh: „Physikal. physiol. Untersuchungen," Vorwort
zur 2. Auflage, 1849, 1 Bd., S. XIII, XIV. K o.
**) James Clerk Maxwell, geb. 1831 zu Edinburgh, gest.
1879 als Professor 711 Cambridge, sehrieb vorzüglich über Elektrizität
und Magnetismus (deutsch 1883, 2 Bde.). ßed
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