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Kornherr: Ein Rückblick auf die tierische Elektrizität. 523
tismus und das Vorurteil früherer Zeiten zu brechen; noch
wird es verwundern, daß der Bekanntmachung des Prof.
Biondlot-Nancy im Jahre 1903 über die Entdeckung
gewisser neuer Strahlen, welche er N-Strahlen nannte und
welche von bestimmten Gegenständen ausgehen sollen, -sowie
dem Beweis seines Kollegen, des Prof. Charpen tier,
daß diese Strahlungen speziell während der Nerventätigkeit
in großen Mengen ausgegeben werden, und den weiteren
Forschungsergebnissen dieser Männer Achtung und Interesse
entgegengebracht wurde. Da nun diese N- Strahlen
in der Wissenschaft einen bestimmten Platz beanspruchen
und eji besonderes Interesse bezüglich der Natur der
Nervenenergie erregen, so möchte ich doch einige ihrer
Haupteigenschaften anführen. Diese neuen Strahlungen
bestehen aus Ätherschwingungen von großer Wellenlänge
und kommen in Bezug auf ihre Menge den elektro-magne-
tischen Schwingungen nahe. Sie werden von einer weißglühenden
Gasflamme („incandeseent gasflame*) abgegeben
und können von Wärme - und Lichtstrahlen mittels Filtration
durch ein Aluminiumblättchen, welches sie durchläßt,
aber dabei die Wärme- und Lichtstrahlen aufhält, abgesondert
werden. Ihr Vorhandensein kann nachgewiesen
werden, da sie die Phosphoreszenz eines Bariumplatin-
cyanürschirmes erhöhen und eine kleine, schwach leuchtende
, bläuliche Gasflamme in eine weißliche und stärker
leuchtende verwandeln, wenn mittels einer Quarzlinse ihr
Brennpunkt in die Gasflamme verlegt wird.
Die N-Strahlen werden von verschiedenen Substanzen
abgegeben, z. B. von Holz, Glas, Wolle und Kautschuk,
wenn diese stark zusammengepreßt werden. Ausgeglühter
Stahl und gehämmerte Metalle sind permanente und spontane
Sammler dieser Strahlen, nicht getemperter*) Stahl
aber zeigt sich als unwirksam. Die Sonnenstrahlen enthalten
ebenfalls N-Strahlen und Steine, Quarz, Doppelspat
und Flußspat, werden damit geladen, wenn sie dem Sonnenlichte
ausgesetzt werden. Die Strahlen sind fähig der
Biegung, Brechung und Polarisation. Das Interessanteste
an den N-Strahlen aber ist, daß sie reichlich von Nerven
und Nervenzentren abgegeben werden. Prof. Charpentier
zeigte überzeugend, daß ihre Ausströmung stark zunehme
während wirksamer Tätigkeit, wie beim Sprechen oder bei
Bewirkung einer Bewegung. Selbst beim Akte der Auf-
*) „Tempern" oder „adoucieren" heißt Gußeisen durch Glühen
kohlenstoff ärmer machen, wodurch „Temperguß*, d. i. schmiedbarer
Eisenguß, entsteht. — Bed.
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