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Peter: Th. Flournoy's „Esprits et Mediums*. 533
dieser neuen Wahrheit braucht sich auch der Kirchengläubige
, braucht sich — ich rede jetzt ganz allgemein —
auch der Gottgläubige nicht zu verstecken. Den Gottesglauben
hebt sie nicht aus seinen Angeln. Gelingt es
auch, gewisse Elemente so zu vereinigen, daß aus ihnen
Lebendes hervorgeht, so haben sich doch weder diese Elemente
selbst geschaffen, noch das Leben als solches durch
deren Vereinigung, wenn es nicht als latente Fähigkeit
darin gelegen hätte. Und die Hand, welche den Stoffen
die Macht gab, sich durch ihr Aufeinanderwirken zum
Leben durchzuringen, diese wahre Schöpferhand mag der
Fromme getrost nach wie vor Gottes Hand nennen. Diese
Schöpferhand ist es, welche auch beim Leben erzeugenden
Experiment in Wahrheit das Wunder wirkt; der denkende
Mensch, der die Stoffe mischt, ist nur ihr dienendes Werkzeug
. —
Ich wüßte nicht besser zu schließen, als mit den
Worten Goethe's: „Die allgemeine, die natürliche
Religion bedarf eigentlich keines Glaubens
; denn die Uberzeugung, daß ein großes,
hervorbringendes, ordnendes und leitendes
Wesen sich gleichsam hinter der Natur verberge
, um sich uns faßlich zu machen, eine
solche Überzeugung^ drängt sich einem jeden
auf; ja, wenn er auch den Faden derselben,
der ihn durchs Leben führt, manchmal fahren
ließe, so wird er ihn doch gleich und überall
wieder aufnehmen können." —
II. Abteilung.
Theoretisches und Kritisches.
Th. Flournoy's „Esprits et Mödiums".
Von Josef Peter, Oberst a. D. (München).
(Fortsetzung von Seite 491.)
Prof. Flournoy hat allerdings Recht, wenn er sagt, das
„onus probandi44, d. h. die Pflicht des Beweises obliege den
Anhängern der supranormalen Hypothesen, nicht jenen der
natürlichen Erklärungen: „Es ist Sache der ersteren,* sagt
der Gelehrte, „positiv festzustellen, daß die durch die
Gelehrten erhaltenen Mitteilungen, Lehren, Katschläge sich
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