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534 Psych. Studien. XXXVIII. Jahrg. 9. Heft. (September 1911.)
den normalen Gesetzen der Phänomene der „Inkubation"
und der „Eklosion* entziehen/ Dieser Beweis ist aber so
schwer zu führen, wie der Gegenbeweis, daß die Phänomene
in allen Fällen irdischen Ursprungs sind. Prof.
Flournoy gibt dies selbst zu mit der Motivierung, daß
nicht immer die zur natürlichen Erklärung notwendigen
Faktoren, wie die ursprünglichen Suggestionen usw. auffindbar
sind. Auch sind, nach Ansicht des Gelehrten, die
Medien niemals freigebig mit Darlegung der vielleicht sehr
gewöhnlichen Quellen ihrer Inspiration. Was ist aber
dann, so frage ich, wenn die Medien diese Quellen nicht
kennen? übrigens wird man einem Medium, wie Stainton
Moses, jene Unterlassungssünde nicht vorwerfen können.
Ebenso macht Flournoy den Spiritisten, nach meiner Ansicht
, den ungerechten Vorwurf, daß sie noch mehr als
selbst die Medien eine instinktive Abneigung haben gegen
die zu ungeschminkten wissenschaftlichen Erklärungen und
daher nichts dazu tun, dem Forscher die „Naturalisation
des Ubernatürlichen * (wie Podmore sagt) zu erleichtern.
Wenn Flournoy hiermit die Offenbarungsspiritisten meint,
hat er Eecht. Der gebildete, nach Wahrheit suchende Anhänger
der spiritistischen Hypothese aber begrüßt eine
wissenschaftliche Erklärung, die wirklich das Phänomen erklärt
, sicher mit Genugtuung. Indes wo sind diese wirklich
erklärenden Hypothesen? Manchmal sind es nur
Worte und sehr oft nur mit Gewalt angelegte Hintertürchen
, um der perhorreszierten Hypothese des Spiritismus
um jeden Preis zu entgehen. Das ist eine alte Tatsache:
kein spiritistisches Phänomen kann selbst mit kühnster
Phantasie erdacht werden, geschweige denn vor sich
gehen, ohne daß die Gegner nicht eine Gegenhypothese
fänden. Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Ein ganz
treffendes Beispiel gibt Flournoy selbst in der Beurteilung
des berühmten Mediums Stainton Moses. Die interessante
und, ich verkenne es gewiß nicht, geistreiche Ausführung
schließt mit dem Satze: „Alles in allem, ehe man einen
wirklich supranormalen Ursprung der „ spiritualistischen
Lehren (die berühmten „Spirit - Teachings"), die Stainton
Moses auf automatischem Wege gegeben worden sind, annimmt
, muß man zuerst sicher sein, daß er nicht fähig war,
dieselben im Unterbewußtsein ausgearbeitet zu haben.*
Stainton Moses hat nun mit großer Offenheit gezeigt, wie
sehr sein ganzes religiöses Empfinden, seine ganze Natur
jenen Lehren abgeneigt war und daß er sich nur mit
großer Mühe und nach langem Kampfe unterworfen hat.
Die „natürliche Erklärung" nimmt dies Hindernis spielend
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