http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1911/0548
544 Psych. Studien. XXXVJIL Jahrg. 9. Heft (September 1911)
rade so bilden sich bei der geschlechtslosen Teilung
der niederen Lebewesen zwei neue vollkommen selbständige
Körper mit den gleichen Eigenschaften der Muttersubstanzen
. Das ganze Wachstum der niederen Organismen
ist nach dieser Darlegung demnach nichts anderes,
als die Vereinigung geeigneter gleichartiger Körper zu
einem Ganzen, während die Teilung der Muttersubstanz
nichts anderes ist als die Folgeerscheinung eines einfachen
physikalischen Gesetzes. Freilich müssen die oben bezeichneten
Eigenschaften ganz besonderei Natur sein; sie
müssen vor allem eine Energiebewegung nach einer bestimmten
Richtung aufweisen. Theoretisch kann diese
Eigenschaft eigentlich ein jeder organische Körper besitzen,
sofern in ihm nur irgend eine positive Schwingungsform,
vielleicht in Gestalt einer positiven Wärme-, Schall-, Lichtoder
einer diversen anderen Energie vorhanden ist; für die
praktische Betätigung des Wachstums kommen aber natürlich
noch andere Bedingungen hinzu. Die Natur, die Masse,
die Form, die Größe und die Beständigkeit des wachsenden
Mediums und der die Medien einschließenden Umgebung,
die Arten der das Wachstum besonders begünstigenden
Energien, die Stärke, Dauer und Form dieser Energien,
die Temperatur der Medien, die Zeitdauer der Einwirkungen
usf sind natürlich alles Faktoren, welche das Wachstum
beeinflussen.
Vom physikalischen Standpunkte aus können und
müssen wir sogar die Hypothese der Urzeugung verwerfen;
denn einerseits können wir die Entstehungsursache des
Wachstums nach der vorliegenden Ausführung mechanisch
erklären und andererseits fehlt jede physikalische Unterlage
für das mechanische Verständnis und für die innere
Berechtigung, wenn wir die Urzeugung zu einem Gesetze
erheben wollten. Dagegen sind wir vorläufig noch nicht in
der Lage, zu sagen, ob zu allen Zeiten das Entstehen des
Wachstums aus unorganischen Substanzen zu organischen
Lebewesen möglich war und ob das z. B. auch heute noch
möglich ist. Mit dem weiteren Ausbau der reinen Molekularmechanik
wird jedoch auch diese Frage sicherlich
noch entschieden werden, denn nur diese Spezialwissenschaft
ist es, welche obigen Problemen näher zu treten vermag.
Im übrigen vermögen wir vermittels der allerdings
auch erst im Entstehen begriffenen Molekularmechanik in
die Natur der höheren Lebewesen ebenfalls ganz gut einzudringen
; denn dieselbe beruht auf ähnlichen Prinzipien,
wie das Wachstum der niederen Lebewesen, nur *ind liier
die Bedingungen noch komplizierter wie dort. Der ein-
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1911/0548